(J.R.) „Leipzig – nicht nur eine Messe wert“, der Film, genauer gesagt die Dokumentation, wurde 1974 vom Schauspieler Helmut Schreiber (1925-1995) gedreht und sollte unserer Stadt ein Denkmal setzen. Der Künstler, der vor allem durch sein Mitwirken in Märchen- („Dornröschen“), Kinder- („Turlis Abenteuer“) oder den DEFA-Indianerfilmen bekannt wurde, war mit der polnischen Schauspielerin Zofia Slaboszowska verheiratet und wohnte eine Zeitlang in der Gohliser Hoepnerstraße.
Die Montage eines Dokumentarfilms ist eigenen Gesetzen unterworfen, hat er doch kein Drehbuch wie ein Spielfilm, sondern nur ein loses Konzept. Viel Material stand für „Leipzig, nicht nur eine Messe wert“ zur Verfügung, darunter eine Menge von Fahrten über Eisenbahnschienen. Aus diesen Sequenzen entstand ein Zusammenschnitt, der zeigen sollte, dass viele Wege nach Leipzig führen. Es entstand ein Film, der zeigt, was die Messestadt* zu bieten hat, sei es in künstlerischer, wirtschaftlicher und historischer Sicht.
Beeindruckend ist da z.B. ein Konzert mit Kurt Masur (1927-2015). Er dirigiert den ersten Satz der Italienischen Symphonie von Felix Mendelssohn Bartholdy. Für die Schnittmeisterin Brigitte Krex war das schwer zu schneiden, da kein Playback vorhanden war, denn der „Meister“ spielte seine Aufnahmen ohne Playback ein. Weiter zeigte der Film die jährlich stattfindende „Landesgartenschau“ agra und den Zoo. Er erzählt vom Aufenthalt Johann Wolfgang von Goethes und die damit verbundene Geschichte aus Auerbachs Keller.
Interessant sind auch die Bilder des ehemals berühmten Brühls. Zu der Zeit, als der Film gedreht wurde, war der Rauchwarenhandel** in Leipzig noch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, Pelze spielten eine große Rolle auf der Leipziger Messe, die in dieser Dokumentation einen breiten Raum einnimmt. Der Film, den Helmut Schreiber über seine Heimatstadt gedreht hat, ist eine Hommage. Den Kommentar sprach er selbst, für die Musik war der Komponist Karl-Ernst Sasse (1923-2006) verantwortlich. Leider ist dieser sehenswerte Streifen unauffindbar. Nachforschungen blieben bis zum heutigen Tag ohne Erfolg. Er hatte eine Länge von circa 60 Minuten. Hinweise, Tipps werden gern entgegengenommen!
PS.: Die Büste ist ein Requisit aus dem DEFA-Märchenfilm „Dornröschen“. Sie zeigt Helmut Schreiber als König und stand an seinem Swimming Pool in der Hoepnerstraße.
Wir danken Filmfreund Jens herzlich für diesen Artikel!
* siehe unseren Beitrag „100 Jahre Alte Messe“ (Mai 2013)
** siehe unseren Beitrag „Pelze vom Brühl“ (April 2012)
Nachtrag im September 2020: Tobias erkundigte sich, ob wir den Film inzwischen gefunden haben. „Ansonsten könntet Ihr mal beim Sächsischen Staatsarchiv anfragen.“ Dort werde der Streifen unter „Leipzig – nicht nur eine Messe wert“ (Stadt-Werbe-Film, 1973) geführt. Wir schickten gleich mal eine Mail ans Archiv und danken Tobias!
Aus Wermsdorf, Archivzentrum Hubertusburg, kam die erfreuliche Antwort: „… der Filmtitel ‚Leipzig – nicht nur eine Messe wert‘ wird im Sächsischen Staatsarchiv im Bestand ‚22043 Stadt Leipzig‘ unter der Nr. 11 als 35-mm-Positivkopie im Format ‚Cinemascope‘ verwahrt. Inhaltliche Angaben: Autoren: Helmut Schreiber (Autor). – Jürgen Sasse, Günther Heimann, Peter Dietrich (Kamera). – Brigitte Krex (Schnitt). – Konrad Walle (Ton). – Eckehard Bartsch (Dramaturg). – Karl-Ernst Sasse (Musikalische Einrichtung). – Hans Pfeifer, Klaus Beuchler, Heinz Rusch, Johann Wolfgang von Goethe (Texte). Mitwirkende: Ingeborg Ottmann, Walter Niklaus, Helmut Schreiber (Sprecher). – Gewandhausorchester Leipzig unter Leitung von Kurt Masur, Thomanerchor unter Leitung von Prof. Hans-Joachim Rotzsch, Hannes Kästner, Organist an der Thomaskirche, Hermann Wolf und Karl-Heinz Pick am Flügel (Musik). Laufzeit: 34:30 Min. Der Film liegt sogar in mehreren Sprachfassungen, u.a. in Englisch, Französisch, Polnisch, Ungarisch, Bulgarisch, Serbokroatisch und Italienisch vor.“ Super!