Was ist der Leuschnerplatz im Augenblick? Ein vernachlässigtes Stück Stadt, auf dem die Natur den Asphalt zurückdrängt, auf dem alte Straßenzüge (Brüder- und Markthallenstraße) an Vergessenes erinnern, auf dem der Bowlingtreff ungenutzt an Substanz verliert.
Die neue S-Bahn-Station wirkt, als stünde sie im Niemandsland. Die stattliche Fassade der Stadtbibliothek ist ihrer Wirkung beraubt, weil vor ihr eine Kombination aus Nichts & Durcheinander jegliche Ausstrahlung absorbiert. Was aber wäre, wenn der Königsplatz wiedererstünde und sich die Steppe zwischen Markthallen- und Brüderstraße in ein Quartier verwandelte?
Der Leuschnerplatz kommt immer wieder in die Diskussion, mal als Standort für ein von der Politik gewünschtes Denkmal, mal als „Brache“ (im Sinne von Schandfleck), mal als Fläche für Bebauung. Bei letzterem Thema, der möglichen Bebauung, teilen sich die Meinungen sofort in Neuordnung und Wiedererrichtung städtischer Strukturen. Wir wollen uns zunächst auf keine Seite schlagen, sondern den Gedanken einbringen, dass auch etwas fehlen wird, wenn diese „Brache“ verschwindet. Und was? Platz, Wege, Freiraum, Grün und Parkfläche.
Neue Häuser werden über Tiefgaragen verfügen, die Parklücken außerhalb werden auf jeden Fall weniger. Neue Häuser sind in irgendeiner Form Privateigentum, sie sind nur zum Teil und zeitlich eingeschränkt öffentlich zugänglich (Gaststätten, Läden, Büros, Praxen) und sie stehen im Weg. Neue Wohnungen, wenn sie überhaupt entstehen, werden teuer verkauft oder vermietet, eine Vergabe an finanziell Schwache ist unwahrscheinlich.
Die Grünfläche zwischen Brüder-, Windmühlen- und Grünewaldstraße, der einzig gepflegte Teil des großen Platzes, wird keinen Bestand haben. Die Politik möchte dort das Leibniz-Institut für Länderkunde ansiedeln und übt wie ein unseriöser Verkäufer Zeit- und finanziellen Druck aus. Fördermittel gibt es nur bis 2017, gebaut werden kann nur hier – warum? Warum bleibt das Institut nicht dort, wo es ist, nämlich in Paunsdorf, und sorgt mit seiner Anwesenheit an dieser Stelle für Infrastruktur, anstatt im Zentrum, wo ohnehin Gedränge herrscht, zu weiterem Gedränge beizutragen?
Schon wird’s emotional. Im zweiten Teil beschäftigen wir uns mit den Gedanken Leipziger Architekten, Baumeister und ähnlicher Interessierter zum Thema. Wir haben deren Dokumentensammlung „Stadtraum Leuschnerplatz – wie bitte?“ durchgeackert.
Nachtrag: Der aktuelle Kreuzer widmet dem Leuschnerplatz seine Titelgeschichte und fragt: Vollbauen oder freilassen? Die Sympathien gelten, so wie wir es verstanden haben, dem „Großen Platz“, einer Variante, die den einstigen Königsplatz bis zur Markthallenstraße erweitert.