„Nachrichten sind meine Leidenschaft“, sagte der Namenszwilling eines beinahe schon völlig vergessenen Politikers unlängst auf Radio Leipzig. Das macht uns Sorgen. Handelt es sich hier um fehlgelenkte Leidenschaft, ver(w)irrte Liebe? Geht es vielleicht um Fetische?
Menschen kann man lieben, Hunde, Katzen und Pferde irgendwie auch. Doch wenn Mitbürger erklären, ihre Arbeit zu lieben und die – angeblich – aus Leidenschaft betreiben, wird’s schwierig, um nicht zu sagen ungesund. Was passiert ihnen, wenn die Arbeit oder auch nur der Arbeitgeber sie nicht zurückliebt? Was, wenn die Leidenschaft so groß ist, dass neben den Nachrichten (obiges Beispiel) nichts mehr Platz findet?
Wenn wir Lebensmittel wirklich liebten, würden wir sie dann an wildfremde Kunden verkaufen? Wohlgemerkt: Verkaufen! Ebenso unsere geliebten Immobilien, Grundstücke der geliebten Stadt? Wenn wir Haare* lieben, warum säbeln wir sie dann anderen vom Kopf? Wenn wir das Jahr 2015 lieben, was machen wir ab 2016 – unglücklich sein?
Und was kommt in dieser Angelegenheit noch auf uns zu? Banken, die „Wir lieben Geld“ verkünden, und Staaten, die von Plakatwänden rufen: „Wir lieben das Geld unserer Bürger“? Kühlanlagenbauer: „Wir lieben Hitze“. Die Stadtreinigung: „Wir lieben Müll“. Und Internetseitenbetreiber: „Wir lieben Nutzer! Wir lieben den Klick!“ (An Oberbefehlshaber und an Produzenten von Kriegsgerät wollen wir gar nicht denken …)
* „Wir lieben Haare“ haben wir auf einer Fahrt nach Halle fotografiert, alle anderen Liebeserklärungen in Leipzig
Nachtrag am 17.12.2015: Unglaublich! Haare werden auch in Leipzig geliebt! Und zwar in der Merseburger Straße!
Nachtrag am 02.10.2016: Ein (weiterer) Immobilienanbieter liebt Leipzig – gesehen im Lindenauer Hafen.
Nachtrag am 16.02.2018: Neu in unserer Galerie: Wir lieben Käse – gesehen in Halle, in der Großen Ulrichstraße.
Nachtrag im Oktober 2023: Wir lieben Autos – gesehen in Leipzig.