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Der Bayrische Hof

Der Bayrische Hof
Historisches Kofferetikett aus der HO-Zeit
Historisches Kofferetikett aus der HO-Zeit

Der Bayrische Hof wurde von Helmut-Henning Schimpfermann gleich zweimal vermerkt. In seinem Standardwerk „Wirtliches an der Pleiße“ führt er 1991 ein versunkenes Gesellschaftshaus in der Ernst-Thälmann-Straße 72 (heute Eisenbahnstraße) auf. „Ende der 80er Jahre profilierte sich die Lokalität als Nachtgaststätte; Wirt Wolfgang Enke. 1990 mit Klubabenden und donnerstags bis montags bis 5 Uhr Tanz für Nachtschwärmer.“

Doch um diese Einrichtung ging es uns gar nicht, vielmehr suchten wir nach dem Hotel gleichen Namens in der Wintergartenstraße 13, zu dem der verdiente Gastronomieforscher schreibt: „Vormals ‚Zum goldenen Hut‘, Inhaber Ferdinand Doß. 1913 Hotel II. Ranges, Inhaber Georg Herbold, deshalb auch bekannt als ‚Herbolds Hotel‘. 1925/30 Hotel der Gruppe B mit 90 Betten, Lift, Ausstellungsräumen, Sitzungszimmer und Garagen. Nach dem Zweiten Weltkrieg bis 31. Dezember 1950 in Regie der Kommunalen Wirtschaftsunternehmen Leipzigs, dann HO-Betrieb. Gericht 1955: Filetsteak Gärtnerin aus Rindfleisch, mit Speck, Sahnesoße, Rötskartoffeln und Salat für sechs Ostmark. 1960 wurde als Küchenmeister Hermann Ulbrich genannt. 1961 verfügte das angeschlossene Restaurant über 140 Sitzplätze. Im Falkenführer 1990 als Drei-Sterne-Hotel mit 45 Zimmern und 97 Betten ausgewiesen.“

Auch der „Tourist-Stadtführer-Atlas Leipzig“ von 1981 listet den Bayrischen Hof als HO-Hotel. Als wir vor wenigen Tagen zwischen Querstraße und Hahnekamm nachschauten, war das Haus entkernt und ohne Dach. Aus einer Pressemitteilung der Stadt Leipzig („Innerer Osten: Ein Quartier entwickelt sich“) vom 28.06.2016 wissen wir: „Neues Leben soll in den Bayrischen Hof in der Wintergartenstraße 13 einziehen. Der 1888 errichtete dreiflügelige Hotelbau stand lange leer. Jetzt soll er saniert und als Wohngebäude mit 22 Wohnungen umgenutzt werden.“

Zudem outete sich die Immovaria GmbH aus Nürnberg am 18.05.2015 als Eigentümer und verriet Folgendes: „Anfang der 90er Jahre herrschte hier noch reger Hotelbetrieb bis dann die Eigentümerschaft wechselte und das Hotel und die Immobilie leer stand. Im Anschluss daran erwarb ein österreichischer Baukonzern die Immobilie und versuchte verschiedenen Planungen umzusetzen. Was jedoch nicht gelang. Nun erwarb die Nürnberger IMMOVARIA GmbH das Objekt und kündigte an das Objekt neu zu projektieren. Mit der Planung wurde das Architekturbüro Homuth und Partner in Leipzig beauftragt. Diese versuchen eine sinnvolle Planung in Abstimmung mit dem Denkmalschutzamt und dem Stadtplanungsamt zu finden. Das Objekt ist in der Denkmalliste der Stadt Leipzig als Einzeldenkmal ausgewiesen. Bereits vor einigen Jahren kam es zum Brand in dem Objekt wodurch der Zerfall immer mehr zunahm. Das geschichtsträchtige Haus dürfte über eine Wohnfläche nach Sanierung über 2.000 qm verfügen. Ob und in wie weit evtl. wieder ein Hotelkonzept umgesetzt oder evtl. doch Studentenapartments oder eine wohnwirtschaftliche Nutzung erfolgt, lies die IMMOVARIA GmbH noch offen.“

Die Seite immobilien-kapital-anlagen.de meldete im Juli 2016: „Der auf Leipzig spezialisierte Edelsanierer, die IMMOVARIA GmbH, hat das Objekt Bayrischer Hof in der Wintergartenstraße 13, Ecke Hahnenkamm 3, in Zentrumslage der Leipziger Innenstadt an die Fondgesellschaft D.E.S. Immobilien GmbH & Co. KG in Erfurt verkauft.“ Ein tolles Foto von 1957 und eine hübsche Achtziger-Jahre-Geschichte zum Hotel finden sich auf der Leipziger Internetpräsenz www.ddr.center, während wir auf www.estador.de aus Marburg in einem Eintrag vom 31.01.2017 lesen, dass der Bayrische Hof „ca. 1912“ erbaut worden sei und seine Architektur von der Reformbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts beeinflusst. Entstehen sollen nun auf fünf Etagen 21 Eigentumswohnungen. Die Liste der Kulturdenkmale in Leipzig-Zentrum-Ost (Wikipedia) nennt als Baujahr wie die Stadt 1888.

siehe auch unseren Beitrag „Im Leipziger Osten I“ (Oktober 2012), Harald Steins Beitrag „Leipzig-Ost, Einblicke 1977-2017“ (April 2017 auf wortblende) sowie die Fortsetzung des obenstehenden Artikels, „Von König Albert bis zur HO“ (November 2017)