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Der lachende Mönch

Der lachende Mönch

„Ulrichs Mönch kann wieder lachen“, hieß eine Überschrift in der Leipziger Volkszeitung vom 2. August 1991. „Totgesagte leben länger! Auf Leipzigs ältestes Brauhaus (1469), die Stadt-Brauerei F.A. Ulrich in der Emilienstraße trifft dies offensichtlich zu, nachdem schon über das Ende der Firma geschrieben wurde.“ Rolf Ulrich, 85 und 1972 enteignet, hatte Ansprüche geltend gemacht, alles sehe gut aus.

Ein neues Outfit – „natürlich mit dem lachenden Mönch, dem Ulrich-Symbol auf dem Etikett“ – wurde angekündigt, eine neue Abfüllanlage ebenfalls. Partner seit März 1990 war die Dom-Brauerei Köln, der Braumeister hörte auf den Namen Horst Kießel. Außerdem erfahren wir: „Wie früher meist hierzulande beschäftigte auch die Brauerei zu viele Mitarbeiter. Zur Wende waren es noch gut 200, jetzt (im Sommer 1991) sind ganze 64 in Lohn und Brot.“

„Nach der Wende“ – also kurz nach Abdruck der soeben zitierten Zeilen – „erfolgte der Abriss aller Bauten an der Emilienstraße für einen neuen Wohnpark“ (LVZ vom 4. März 2014). Das Lachen ist verklungen. Auch bei Bauer im Täubchenweg wird inzwischen gewohnt und nicht mehr gebraut. Bier produzierte man dort immerhin bis 2007. „Die Marke Bauer wurde von der Hartmannsdorfer Brauerei gekauft, die zuletzt auch für Bauer gebraut hat“, verriet uns ein Auskenner.

Ebenfalls traurig war das Ende der eigentlichen Sternburg-Brauerei, die LVZ berichtete am 16. Juli 1991: „Seit gestern früh ist die Lützschenaer Sternburg-Brauerei besetzt. Die Belegschaft will mit dieser Aktion verhindern, daß der weitere Abbau der Produktionsanlagen vollzogen und die am Freitag überraschend von der Dortmunder Brau und Brunnen AG, seit April Eigentümer des renommierten Brauhauses vor den Toren Leipzigs, für den 31. August 1991 angekündigte Schließung des Betriebs zurückgenommen wird.

(…) Die Sternburg Brauerei GmbH wurde von der Sachsenbräu AG übernommen. Und einen Tag darauf, wie der Zufall so spielt, ging die Sachsenbräu AG in Besitz der Dortmunder Brau und Brunnen AG über. (…) ‚Seit 15. Mai wird in Lützschena kein Bier mehr gebraut‘, erklärte Bärbel Meißner, die Betriebsratsvorsitzende. ‚Hier füllen wir nur noch das Gelagerte in Flaschen ab. Die Faßabfüllanlage demontierte man inzwischen. Sie steht jetzt bei Sachsenbräu.‘

In Lützschena versteht man die Welt nicht mehr. Über 90 Prozent der Belegschaft kommt aus der 2350 Einwohner zählenden Gemeinde. Für den Ort ist die seit 1756 bestehende Brauerei nicht nur mit Abstand größter Betrieb und wichtigste Steuerquelle, für viele Lützschenaer Familien hängt an Sternburg auch die Existenz. Im Kaufvertrag ging der neue Besitzer Verpflichtungen für Erhalt der Arbeitsplätze und der Sternburg-Brauerei ein.“

In der Gottschedstraße sahen wir letztens einen Laster des Getränkelieferanten Vifra, von dessen Seite ein überlebensgroßes German Beer grüßte, das nicht von ungefähr an Sternburgs German Pils erinnert. Auf sammeltrucks.de findet sich dazu die Information: „Bottled by the Rosenbrauerei Pössneck“. Zwei Spielzeugautos mit German-Beer-Logo und Leipziger Silhouette bzw. dem Völkerschlachtdenkmal im Hintergrund kann man auf der Website kaufen.

Ein Zitat noch, es handelt vom aktuellen Sternburg-in-Reudnitz-Geschäftsführer Martin Zapf und stammt aus der LVZ vom 4. März 2014: „Als der heute 35-jährige Düsseldorfer erstmals nach Leipzig kam und sich ein Taxi ‚zur Sternburg-Brauerei‘ nahm, wollte ihn der Fahrer noch nach Lützschena verfrachten.“ Tatsächlich? – Was die Kollegen da als Skurrilität darzustellen versuchen, ist keine. Der Taxifahrer hat alles richtig gemacht!

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