In Marc Mielzarjewiczs kunstvollem Fotoband „Lost Places Leipzig – Verborgene Welten“ finden wir unter anderem die ehemals Dietzoldsche Fabrik in der Leutzscher Franz-Flemming-Straße. Das auffällige Gebäude gammelt zwischen der Theater-Fabrik und einem Autohaus (das zwar immer mal die Marke wechselt, aber seit gut zwei Jahrzehnten durchhält) vor sich hin – ohne Dach, dafür mit einem schmucken Giebel.
Hergestellt wurden hier zum Beispiel Nägel, Pelzkonfektions- und Kürschnerei-Artikel (da bestand in unserer Stadt einst immenser Bedarf) und Elektroschaltgeräte. Für die Zukunft kann man sich eine industrielle Nutzung der Immobilie nicht mehr vorstellen – aber wünschen. Gegenwärtig staunen wir über die Menge neu entstehender Wohnungen in Leipzig, auch in ehemaligen Industriegebäuden. Andere werden kulturell genutzt (Werk 2, Alte Damenhandschuhfabrik, Westwerk usw.). Allerdings müssen die ganzen Bewohner und Abends-Ausgeher ja irgendwo arbeiten …
Architekt der ehemaligen Metallwarenfabrik J. Arthur Dietzold war Emil Franz Hänsel, der um 1900 rum jede Menge Leipziger Gewerbebauten entworfen hatte, wie die nahe Klavierfabrik in der Hupfeldstraße, das Hotel Continental (Victor’s Residenz-Hotel), den Zentralmessepalast oder auch das ursprüngliche Kaufhaus Brühl. In der Hupfeldstraße gibt’s sogar heute noch Industriearbeitsplätze und in der Klavierfabrik verschiedene Gewerbe. Die zugehörige S-Bahn-Haltestelle hieß mal Industriegelände West (und zwischen Paunsdorf und Engelsdorf befand sich das Industriegelände Ost) …
Nachtrag am 20.01.2014: Mittlerweile gehört die Dietzoldsche Fabrik zu den in Leipzig bekannten Wächterhäusern. Auf www.haushalten.org ist zu lesen: „Die Franz-Flemming-Straße 9 … steht noch ganz am Anfang und wird im Laufe des Jahres nutzbar gemacht.“
Nachtrag am 27.09.2014: Heute schreibt die Leipziger Volkszeitung: „Der Verein HausHalten geht neue Wege. Gestern hat er zusammen mit dem Eigentümer Mathias Mahnke in der Franz-Flemming-Straße 9 beim gemeinsamen Grillen sein geändertes Konzept vorgestellt. Demnach sollen künftig Werkstätten und Ateliers in das alte Fabrikgebäude des früheren Dietzoldwerks einziehen. Name des Projekts: Atelierhaus. (…) Eigentümer Mahnke ergänzte, dass er bereits zwei weitere Projekte nahe der Franz-Flemming-Straße plant. Das Dietzoldwerk war 1905 durch den bedeutenden Architekten Emil Franz Hänsel errichtet worden. Angefangen als Metallwarenfabrik, später Fabrik für Pelze und Kürschnerei, Elektroschaltgeräte oder Maislager erlebte es bis zur Wende verschiedene Nutzungen. Nach langem Leerstand brannte im Juli 2010 der Dachstuhl nieder …“
Nachtrag am 12.03.2018: Eine Pressemitteilung verrät uns, dass in der zweiten Etage der Franz-Flemming-Straße 9 die Pilotenküche ansässig ist und zur Vernissage lädt: „Am Samstag, den 24. März 2018, wird um 18 Uhr die finale Ausstellung der 34. Auflage von PILOTENKUECHE // international art program in den Studioräumen in der Franz-Flemming-Straße 9 eröffnet. Auch in diesem Turnus präsentieren zwölf Künstler aus Chile, Kanada, den USA, der Türkei, Irland und Israel zusammen mit zwei lokalen Künstlern die Ergebnisse ihres dreimonatigen Aufenthalts in Leipzig. Zur Eröffnung gibt es neben Performances von teilnehmenden Künstlern auch Lesungen, Livemusik und zwei DJ-Sets.“
Nachtrag am 22.11.2020: Unsere Leserin Steffi erkundigte sich auf Facebook nach dem Gebäude mit dem markanten Turm in der Hupfeldstraße. Tom und Christa antworteten schneller als wir. Danke!!! Es folgt ein Zitat von Christa: „… ehem. Pianofortefabrik Ludwig Hupfeld, später Leipziger Pianofortefabrik, danach dann Deutsche Piano-Union … jetzt ist da alles Mögliche drin und ein großer Teil dieses schönen Fabrikgebäudes verfällt immer weiter. Wir waren vor ein paar Jahren mal zum Tag der Industriekultur zu einer Führung drin. Ich habe in den Sechziger/Siebziger Jahren da mal gearbeitet.“