Die Stötteritzerin („in vierter Generation“) Constanze Arndt hatte unserer Meinung nach die perfekte Idee. Sie bringt die Vergangenheit in die Gegenwart, konkret historische Muster aus Leipziger Treppenhäusern auf Kissen, Tischdecken und Bettwäsche. Und sie kann dabei sogar angeben, aus welchem Haus welches Muster stammt, die frühlingsfrische Osterkollektion zum Beispiel aus der Karl-Ferlemann-Straße 32. Aus diesem holte die Restauratorin, als sie drin arbeitete, sage und schreibe 32 verschiedene Ornamente!
Unsere Vorfahren waren sehr kreativ und um einiges individueller als wir, Constanze konnte im Lauf der letzten 30 Jahre reichlich 1.500 unterschiedliche Muster in Gebäuden unserer Stadt dokumentieren, als restauratorische Befunduntersuchungen. Stötteritz hat sie sogar komplett abgelichtet, inklusive alter Klinken, Türen und Bleiglasfenster. Das Interesse daran hatte einst ihr Vater geweckt, der sich 1990 als Hausverwalter selbständig und die zu der Zeit an der HGB Grafikdesign studierende Tochter auf gestalterische Details aufmerksam machte.
Im Juli 2022 erwuchs aus diesen Anregungen und der langjährigen Beschäftigung mit der Materie das Label Past Perfect, seit Februar 2023 ist Constanze damit auch in der Mädlerpassage präsent – im Pop-Up-Laden „Sieben Sinn“. Dort seht Ihr neben den Ostertulpen aus der Karl-Ferlemann-Straße Rosen aus der Schorlemmerstraße und einen antik anmutenden Kranz aus der Sasstraße. Natürlich sind auch Muster aus Stötteritz vertreten, Herzen und Wirbel aus der Oberdorfstraße.
Weil die inneneinrichtungsbegabte Restauratorin all das in der Stadt entdeckt und wachgeküsst hat, setzt sie über die Gesamtheit ihrer schönen Textilien den Slogan vom Urbanen Dornröschen, einzelne Teile heißen ähnlich romantisch Rabenwiese oder Der Weg zum Turm. Auf Stoff gebracht werden die Ornamente übrigens in der Gellertstadt Hainichen*, anschließend übernimmt eine tapfere Schneiderin in Möckern die Endfertigung. Kleinserie, Handarbeit – das ist nicht billig, aber besonders.
Irgendwie wirkt das Ganze in seiner traditionellen Verspieltheit auch ein wenig englisch, was wiederum zu Constanzes Faible für die Kultur des Inselstaates passt. Die Leipzigerin verbrachte einst ein Auslandsjahr im Königreich der Angeln und Sachsen und begeisterte sich dort für die im 19. Jahrhundert entstandene Arts-and-Crafts-Bewegung und deren Vertreter William Morris – das Rosenmuster geht so ziemlich in diese Richtung.
In England wäre die Stötteritzerin damals am liebsten geblieben, um Marmeladenetiketten zu entwerfen. Wirklich! Sie hatte sich sogar als Grafikerin bei der Königlichen Palastverwaltung beworben – noch ohne Abschluss und erst recht ohne Berufserfahrung -, war zu ihrer Verwunderung aber nicht genommen worden. Pech für England, Glück für Leipzig!
* siehe unseren Beitrag „Wer kennt Gellert?“ (September 2018)