Durch den Wegzug einer langjährigen Hausmitbewohnerin füllte sich Kerstins Schatztruhe mit neuen alten Kleinigkeiten, die Leipzig-Liebhaber, wie wir es sind, laut jubeln lassen. In zwei, drei Beiträgen dürft Ihr an diesem Jubel teilhaben und gedanklich in die Geschichte der letzten Jahrzehnte eintauchen. Gleich zu Beginn zeigen wir Lothar Thomas‘ Bilder vom Abriss des Gasthauses Goldner Adler am Adler. An der Kaufhalle nebenan lesen wir Marktfrisch. Nunmehr befindet sich dort ein Rewe, und das Gasthaus, das der großen Kreuzung im Südwesten unserer Stadt ihren Namen gab, ist einfach weg.
Der Freizeitfotograf Lothar Thomas, hauptberuflich war er Tischler, lebte im Leipziger Südwesten und starb bereits im Jahr 2007. Siehe zum Goldnen Adler auch unseren Beitrag „Sechs Fotos von 1986“ vom April 2014 sowie jeweils den letzten Absatz der „Kleinzschocherschen Erinnerungen“ vom März 2014 und des Artikels „Leipziger Kreuzungen“ vom November 2015. Offensichtlich stammen Lothar Thomas‘ Adlerbilder aus dem Jahr 1994.
In Kerstins symbolischer Schatztruhe fanden wir eine richtige Schatztruhe, ein Kästchen mit der Aufschrift „Ehrenpreis der Leipziger Neuesten Nachrichten“. Von Größe und Alter her könnte es eine Zigarrenkiste gewesen sein. Die Tageszeitung Leipziger Neueste Nachrichten erschien von 1892 bis 1945. Sie hatte ihren Sitz im Peterssteinweg, dort, wo heute die Leipziger Volkszeitung zu Hause ist.
Verleger der Leipziger Neuesten Nachrichten waren die Brüder Edgar und Paul Herfurth, letzterer besaß einen beträchtlichen Teil des heutigen Agra-Parks als privates Anwesen. Das Weiße Haus dort nutzte er als Sommersitz.
Im LNN-Kästchen lagen zwei Souvenire, die zu DDR-Zeiten gang und gäbe waren, Minifotomäppchen bzw. -Leporellos. Streng genommen ist das vorliegende der Messestadt Leipzig nur ein Teil-Leporello, welches wiederum Einzelbilder ummantelt. Zu sehen sind neben dem Völkerschlachtdenkmal und dem Warenhaus „Konsument“ am Brühl der Georgiring, die Oper, der Hauptbahnhof, der Sachsenplatz und die Hauptpost. Vermutlich fehlen zwei, drei Motive.
Das zweite Fotomäppchen, welches der Probstheidaer Iskra-Gedenkstätte gewidmet ist, werden wir gesondert vorstellen oder aber unserem Beitrag „Lenin in der Russenstraße“ (Mai 2016) eingliedern. Beide Souvenire wurden vom seinerzeit dafür zuständigen Verlag Bild und Heimat aus Reichenbach im Vogtland gefertigt.
Nun aber zurück in den Südwesten und zwar zu Wolfgang Koitzsch in die Philipp-Müller-Straße. Koitzsch handelte in der jetzigen Zschocherschen Straße mit Uhren und Goldwaren. Vor einigen Jahren fotografierten wir sein ehemaliges Geschäft und zeigten es in unserem Beitrag „Alte Werbung VIII“ (Oktober 2021). Auf Kerstins Tütchen kann man den Stempel der Nachfolger, der Familie Ludwig, erkennen. Deren Geschäft gibt es bis heute.
Und auf der Internetseite www.uhren-schmuck-ludwig.de, unter dem Punkt „Über uns“, wird von der Gründung des Ladens im Jahr 1896 berichtet. Die Gründer hießen Paula und Theodor Sonntag, sie übergaben Zeitmesser und Schmuck 1959 an ihren Enkel Wolfgang Koitzsch, der wiederum bis Ende 2001 in der Branche aktiv gewesen ist.
Zuguterletzt wartet hier noch ein Schatz von einem Foto auf Euch, die rutschenden Drillinge des beliebten Leipziger Fotografen Gerd Lehmann. Der äußerst interessante 80jährige führt in der Bornaischen Straße 158 die Hofgalerie Gestus, ein Paradies voller Bilder und Geschichten. Kerstin hat es schon besucht, wir leider noch nicht. Auf Facebook gibt es eine offizielle Gerd-Lehmann-Fan-Seite, auf der Ihr mehr erfahren könnt.
siehe auch unsere Beiträge „Aus Kerstins Schatztruhe“ und „Sieben schöne alte Bilder“ (beide Juni 2023)

