Niemand sollte denken, dass unsere Altvorderen weniger Humor gehabt hätten als wir. Ansichtskarten aus vergangenen Tagen liefern da schöne Beispiele. Auf einem Exemplar, das in den 1960er Jahren von Leipzig-Knauthain nach Weißenfels befördert wurde, stehen bis heute diese Zeilen: „Dein Herz ist wie ein Omnibus mit 44 Sitzen, die eine kommt, die andre geht. Wie werden leer die Plätze. Drum, lieber Udo, sei vernünftig, liebe eine und nicht fünfzig. Absender wie gewöhnlich, zum Küssen komm ich persönlich, und falls ich verhindert bin, schicke ich Vertretung hin.“ Wir wünschen der Frau ohne Namen, dass sie ihr Ziel erreicht und ihren Udo für sich bekommen hat und bleiben im Ort: Das Poststück aus Otto Elsters Bahnhofsrestaurant wurde mit Knauthain-Knautkleeberg (Bz. Leipzig) abgestempelt (siehe dazu auch unseren Beitrag „Verlassene Bahnhöfe V“ vom Mai 2012).
Zu den weiteren Schätzen: Die Ansicht der Pferderennbahn ist einst als Feldpost aus Halle von einem Otto an einen Emil gegangen, also zwischen 1914 und 1918 zugestellt worden. In anderer Gestalt als heute zeigt sich die Brücke im Hintergrund, während die abgebildeten Rennbahngebäude immer noch aussehen wie vor 100 Jahren. Die Lenin-Gedenkstätte in der Rosa-Luxemburg-Straße (ein Motiv aus dem VEB Bild und Heimat Reichenbach i.V., wie auch die oben zitierte Karte vom Knauthainer Teich) dürfte mittlerweile so gut wie vergessen sein, eher bekommt man beim Nennen des Namens der dort ansässigen Tanzschule Seifert ein „Aha, kenne ich!“ zu hören.
Der Zeppelin über der Leipziger Luftschiffhalle trägt bei näherem Hinsehen die Bezeichnung Sachsen auf seinem zigarrenförmigen Leib und die zugehörige Karte den Poststempel Leipzig-Gohlis auf dem Rücken. Und schließlich sieht man links neben dem Buchhändlerhaus ein erhalten gebliebenes Gebäudeteil, das jedoch gehört bereits zum benachbarten Buchgewerbehaus, welches bald fertig saniert sein dürfte (siehe auch unseren Beitrag „100 Jahre Bugra“ vom September 2013).