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Leipziger Reklamemarken

Leipziger Reklamemarken
Riquet-Reklame-Marken-Heftchen im Eingangsbereich des Riquet-Cafés

(J.R.) Was haben das Leinenhaus Friedrich & Lincke in der Petersstraße 13, die Buchdruckerei Vogel & Vogel in der Gerberstraße 48-50, die Riquet & Co. AG oder eine Putte, die Weintrauben entsaftet und das Etikett des blutroten Süßweins Oinos-Perle von Hoffmann, Hettler & Co. aus Leipzig ziert, gemeinsam? Richtig, diese Firmen wurden vor sehr langer Zeit auf Reklamemarken verewigt. Die Marken sind mir vor kurzem bei Recherchen für ein neues Buchprojekt in die Hände gefallen. Ich kenne solche Marken noch aus der Kindheit, da hatte ich sie in einer unermesslichen Vielzahl und akkurater Sortierung bei einem Sammler gesehen. Wie ich mittlerweile weiß, warben vor über hundert Jahren damit Unternehmen für ihre Produkte, die reichten von Leinentüchern über Schokolade bis hin zur Ofenpolitur.

Die meisten Reklamemarken wurden von 1900 bis 1914 ausgegeben. Sie tauchten dabei vor allem in Deutschland auf, in anderen Ländern erlebten sie keinen vergleichbaren Boom. Hervorgegangen sind sie aus den Siegelmarken, die wiederum Nachfolger der Wachssiegel waren. Mit solchen Siegeln hat man früher Briefe verschlossen. Mit der Zeit wurde das für den amtlichen Briefverkehr aber zu aufwendig. Deshalb erfand man Siegelmarken aus Papier. Ab etwa 1880 kamen dann die ersten Reklamemarken auf, wie Veikko Jungbluth, Spezialist und Händler für derartige Marken, erklärt.

Mit Reklamemarken machten Firmen zur Zeit der aufkommenden Weltausstellungen auf ihre Produkte aufmerksam. Sie ließen sie gar von Künstlern entwerfen, um aus der Masse herauszustechen, und klebten sie unter anderem auf ihre Geschäftspost, so auch sächsische Unternehmen. Darunter waren Tinten-Beyer aus Chemnitz, Krietsch-Keks aus Wurzen, M. Schmeissers Nährmittelfabrik aus Leipzig oder Goedeckes Döllnitzer Ritterguts-Gose. Vom Turnfest in Leipzig und von der Leipziger Messe gab es auch welche.

Das Ende der Reklamemarken kam mit dem Ersten Weltkrieg, fortan lag der Fokus auf Plakatwerbung. Nicht zu vergessen, ein 1855 geschaffener Werbeträger, die Litfaßsäule, hatte sich rasch sowohl in den europäischen Nachbarländern als auch um die ganze Welt verbreitet. Trotz dieser Fakten sei das „Forschungsgebiet“ noch weitgehend unbearbeitet, meinen Insider und Kenner. Ab und an zeigen Museen, wie das Industriemuseum Chemnitz, solche nostalgischen Sammlerschätze.

www.veikkos-archiv.com +++ www.veikkos.com +++ www.defa-filmfreund.de

Herzlichen Dank an Jens (Text, Bilder) und Veikko (Bilder)

siehe ergänzend auch unsere Beiträge „Leipziger Kaffee“ (April 2013 – Schirmer Nachf.), „Drogenhaus + Tank Schleußig“ (Februar 2017 – Drogenhaus Hermes) und „Gose auf Tour“ (Juli 2018 – Ritterguts-Gose)