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Leutzscher Industriegeschichte

Leutzscher Industriegeschichte

„Die ehemalige Industrie in der Franz-Flemming-Straße in Leutzsch“, heißt eine Arbeit, die sowohl als Datei als auch als gebundenes Heft verfügbar ist. Zu verdanken haben wir sie den Geschichtsfreunden Andreas Hönemann und Dr. Horst Siegemund. „Ziel des Projektes“, so schreiben die Beiden, „ist es, die Franz-Flemming-Straße historisch zu sichern. Vieles ist schon abgebrochen, und in einigen Jahren werden auch die Brachflächen bebaut sein. Dann wird nichts mehr an die industrielle Vergangenheit der Straße erinnern.“ Doch, die hier vorgestellte Dokumentation! Deren Autoren laufen die Franz-Flemming-Straße gedanklich ab und verraten Hausnummer für Hausnummer, wer dereinst womit beschäftigt gewesen war.

Es beginnt mit der Gießerei Schumann & Co. in der Nr. 5 und führt hinter bis zur 43/45 und Körting & Mathiesen. Was hier ab circa 1900 nicht alles produziert wurde – Maschinen, Möbel, Farben, Wurst, Pianos und Lampen. Fabrik reihte sich an Fabrik, in ihnen arbeiteten Tausende fast das ganze 20. Jahrhundert lang. Hönemann und Siegemund schildern jeweils kurz die Geschichte der ansässigen Betriebe und garnieren diese mit historischen Ansichten, alter Werbung und ggf. mit Nachwende-Fotos. Schön sind auch ihre Verknüpfungen zu den Wohnsitzen der Industriellen, so wohnte beispielsweise Arthur Dietzolds (Franz-Flemming-Straße 9) Sohn Hellmuth in der von Paul Möbius gebauten Rathenaustraße 34 und Gustav Kleim (Nr. 13) am Harfenacker 4 – jeweils im Leutzscher Villenviertel.

Von den Industriebauten ist nicht allzu viel übriggeblieben, manches wurde in den wilden Neunzigern abgerissen, anderes später, der Denkmalschutz half nur selten und auch heute verfällt noch geschichtsträchtige Bausubstanz in der Franz-Flemming-Straße. Von Julius Blüthners Pianosägewerk (Nr. 39) steht u.a. ein Häuschen am Straßenrand, von Franz Flemmings Klaviermechanikfabrik der Kopfbau (Nr. 41). Immerhin sieht das langgestreckte Gebäude von Körting & Mathiesen (Nr. 43/45)  ziemlich gut aus, wird aber augenscheinlich wenig genutzt. Wir erinnern uns an einen Netto- oder Norma-Markt im Erdgeschoss.

Hönemann und Siegemund kommen zuguterletzt auf die Gießereien Max Jahn (GISAG) und Edmund Becker (MEGU) zu sprechen, erstere schloss sich in der Georg-Schwarz-Straße gleich an das Werk von Körting & Mathiesen an, letztere befand sich dort, wo heute die Leutzsch-Arkaden Waren des täglichen Bedarfs zum Kauf anbieten.

2023 halten die Fahne der industriellen bzw. gewerblichen Aktivitäten vor Ort u.a. hoch – das Betonwerk von Günter Papenburg in der Nr. 24 (unser Aufmacherbild), die Cherier GmbH in der Nr. 19 sowie das Leutzscher Autocenter in der 39b. In der 43/45 sitzen laut Beschilderung der Spielzeuganbieter Spinifex Cluster, der wissenschaftliche Dienstleister pleiszenburg.de sowie sicherlich in namentlicher Anlehnung an Kandem (= Körting & Mathiesen) die Ka eM Formgestaltung.

Fotografiert haben wir diesmal hauptsächlich im hinteren Teil der Franz-Flemming-Straße, da wir dem vorderen in unseren Beiträgen „In der Leutzscher Eisenbahnstraße I-III“ (Januar, Februar bzw. April 2022) bereits ausführlich Beachtung schenken konnten – dank Andreas. Um Horsts lokalhistorische Aktivitäten wiederum geht es in unserem Artikel „Auf dem Leutzscher Friedhof“ (September 2023) schon einmal.

Nachtrag am 27.10.2023: Peter aus Schleußig schickte uns eine passende Erinnerung: „Schön von Körting zu lesen und zu sehen. Auf einem Körting-Super oder so habe ich 1954 das Endspiel der Fußball-WM zwischen Ungarn und der Bundesrepublik gehört. Aus Altenburg war extra ein Onkel angereist. Nach dem Sieg schaffte ich erstmals eine Flanke über das geschlossene Hoftor. Da war ich 11 Jahre alt. Dank Körting!!! Die Geräte wurden übrigens vererbt. So auch unser Gerät.“ Danke, Peter!