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Henner Kottes Raubsachen

Henner Kottes Raubsachen
Henner Kotte
Henner Kotte

Der auch als Stadtführer aktive Leipziger Schriftsteller Henner Kotte begeht die Premiere seines neuen Buches am Abend des 4. März im Lokal „In Vino“ in der Humboldtstraße. „Raubsache Leipzig“ erscheint im einstigen Postkartenverlag Bild & Heimat. Wir stellten ein paar Fragen.

Dein neues Buch heißt „Raubsache Leipzig“. Ein schöner Titel. Erklär ihn bitte trotzdem kurz.

Na, der erklärt sich ja von selbst: Hauptsache liegt im Klang nicht weit weg. Raub gab’s und gibt’s. Aber Leipzig hat irgendwie seine spektakulärsten Verbrechen vergessen. Deswegen müssen diese wieder ausgegraben werden. Und da gab’s Erstaunliches. Ich wollte eigentlich „Raubsache L“, aber der Verlag meinte, die Spitzfindigkeit erkennt dann keiner. Also wird’s ausgeschrieben.

Was zum Beispiel gab es denn Erstaunliches in Leipzig und Sachen Raub?

Erstaunlich: Zwei Raubmörder töten in der Windmühlenstraße und erlangen nichts. Daraufhin bieten sie einem Verleger ihre Memoiren an – „Zwanzig Morde, drei davon in Leipzig“. Der Verleger übergibt den Brief der Polizei. Die stellt fest, der Schreiber ist auch einer der Mörder, und versucht, eine Falle zu stellen. In 15 Briefen gibt es jetzt ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen der Polente und dem Täter. Letztlich kommt das Ende durch einen Brief – der Verleger verfolgt den Boten, der Mörder wird gefasst. Es waren zwei Brüder, die zum Tode verurteilt werden. Die Familie ließ sich ob des schlechten Leumunds einen anderen Namen geben. Nachfahren leben noch heute in Leipzig. Und dass ausgerechnet an der Heiligen Brücke das Unheil eines Mordes geschieht, ist Ironie des Schicksals. Ein Kaufhausbrand in den Siebzigern ist mitnichten westliche Sabotage, sondern der Mangelwirtschaft der DDR zu verdanken. Eine Hinzurichtender liegt bereits unterm Fallbeil im Gerichtshof, heute Beethovenstraße, da geschieht Unglaubliches … All die aufgezeichneten Verbrechen geben ein getreuliches Bild damaliger Verhältnisse und haben gegenüber Belletristik stets den Vorteil: Sie sind wahr!

Wahr, aber schrecklich. Wo stöberst Du solche Fälle auf? Oder ist das Schriftstellergeheimnis …

Warum sollte das ein Geheimnis sein? Zunächst hörte ich meiner Oma und den Tanten zu, denn die alten Damen haben keine Scheu, Kindern furchtbare Dinge zu erzählen. „Hänsel und Gretel“ ist auch nicht wirklich eine Gute-Nacht-Geschichte. Meine Oma wusste, dass das ausgestellte Gerippe im Dresdner Hygienemuseum das einer Mörderin war. Und dann erzählte sie, wie Frieda Lehmann die Käthe Stiehler förmlich schlachtete und wie man die Leichenteile in der Dresdner Neustadt fand. Herausgekommen war es an einem grünen Tintenfleck. Und nun habe ich recherchiert – alles stimmte. In Leipzig fragte man nach dem sagenhaften Fridolin, dem Frauenschreck. Auch dieser existierte, zerriss Frauenkleider und stahl Wellensittich, Reisewecker und noch mehr. Die Leipziger Frauen waren in Panik, wollten streiken. Auch diese Akte habe ich im Staatsarchiv gefunden. Ein Bettnachbar im Krankenhaus erzählte, dass in der Bornaischen Straße eine Frau ihren Mann gekocht hatte. Auch wahr. Und so findet eins zum andern. Wenn man Gerüchten nachgeht, steht das manchmal in Zeitungen, Alteingesessene wissen viel, man muss sie nur fragen und dann – natürlich – muss man suchen: Akten, Zeitungen, Notizen, Jahrbücher und Kalender. Insofern, wer was weiß, kann sich gerne bei mir melden. Deutschlandweit!

Und wer kann, kommt am 4. März zur Buchpremiere ins Lokal „In Vino“ unterhalb der Sparkassentürme in der Humboldtstraße. Warst Du nicht eigentlich ein wackerer Biertrinker?

Ich trinke auch weiterhin Bier, was aber nicht heißt, dass ich andere Getränke verabscheue. Und zu einem delikaten Krimi kann man sehr gut Wein trinken. Vor allem roten. Nein, ich wurde gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, dort zu lesen, und es hat mir ausgesprochen gut gefallen. Da war die Entscheidung doch klar …