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Die Hilfsschule West I

Die Hilfsschule West I

Hilfsschule West sollte das Kunst- und Wohnprojekt in der Engertstraße 14 ursprünglich heißen, doch diese Bezeichnung war einigen Beteiligten zu negativ. Wir hätten sie gut gefunden, wobei wir zugeben müssen, dass wir die Abkürzung Hilli (für Hilfsschüler; heute ruft man: Du Honk!) in unserer Kindheit und Jugend als Schimpfwort, also negativ verwendet haben. Zurück zum Thema: Die ehemalige Schule steht Seit an Seit mit der Liebfrauenkirche …

… und einem Wohnhaus, das der Jugendstilarchitekt Paul Möbius entworfen haben könnte*, an der Kreuzung von Engert- und Karl-Heine-Straße. Nah am Kanal, nah am Bahnhof Plagwitz und vor allem nah an der Spinnerei, deren Nachbarschaft die Kunstfreunde schätzen, deren Kopie sie allerdings nicht zu werden versuchen.

Vier Leute sind hier Miteigner und wollen das Schulgebäude von der Stadt kaufen. Zu ihnen gehört André Pauer vom Zeughaus, das bis zum Bau des Gondwanalandes in der Pfaffendorfer Straße zu finden war. Eine „Vereinigung von Freunden“ kümmert sich im Zeughaus um altes Zeug, will es bewahren, aufarbeiten und auch veräußern. Treppenhäuser und Schulzimmer sind malerisch gefüllt damit.

Gerade wird die ebenfalls mit Schränken, Stühlen und Bildern gefüllte Turnhalle geräumt. Die nämlich soll künftig Ausstellungen und ein Café beherbergen. Vor dem eigenen Zugang wird ein kleiner Freisitz entstehen. Bald! Denn den Spinnereirundgang Anfang Mai nehmen die „Schulkameraden“ zum Anlass, ihr Haus und eine Schau mit Kunst von Hans Bohlmann, Anna Franziska Schwarzbach und Henriette Aichinger zu präsentieren. Vom 30. April bis 10. Mai werden Werke der Genannten in der Turnhalle sowie oben in der zweiten Etage gezeigt.

In der zweiten Etage richtet die Berliner Galeristin Hilde Gräfe (Gräfe Art Concept) Räume dafür her. Man sieht den Fortschritt. Der Schulzimmercharakter bleibt aber glücklicherweise erhalten. André Pauer würde soweit vorhanden sogar die alten Tafeln hängen lassen – die passen ja perfekt in Schauräume und zukünftige Ateliers („zu Preisen, die machbar sind für Künstler und Kunststudenten“). Und warum nicht genauso in die zwei, drei angedachten Wohnungen?

Auch der Schulhof, welcher mit seinen großen Bäumen und dem Klang der sehr nahen Kirchenglocken über eine gewisse dörfliche Atmosphäre verfügt, sieht einer neuen Nutzung entgegen. Als Treffpunkt für Künstler, Ausstellungsbesucher und Kaffeetrinker zum Beispiel. Wir werden uns das bei Gelegenheit wieder ansehen und dabei erneut durchs Zeughaus wie durch ein Museum schleichen …

* Das Buch „Paul Möbius – Jugendstil in Leipzig“ (DVA, 2007) geht darauf ein: „Das Haus Engertstraße 12 zeigt in der Fassadengliederung für Möbius typische Blattformen, obwohl die Bauakten keinerlei Mitwirkung Möbius‘ erkennen lassen. Daher hat der Bauherr, der Maurermeister Walther, vermutlich Betonfertigteile nach Möbius‘ Entwürfen benutzt.“