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Die Kunsthandlung Beyer, Teil 2

Kunsthandlung Beyer, Teil 2

Das Kunsthändlerehepaar Carl Otto (1870-1948) und Elsa Beyer (1877-1945) lebte bis Dezember 1943 im Märchenhaus am Nikischplatz. Als Bombenflüchtlinge gingen die Beiden von Leipzig zu ihrer Tochter Anna Marie nach München. Dort brachte Carl Otto Beyer im Frühjahr 1944 seine Erinnerungen zu Papier.

Enkel Martin hat die Großeltern als „stattliche, wohlwollende Personen“ im Gedächtnis. Er schreibt: „Beide lebten das ruhige, wohlgeordnete Leben solider Geschäftsleute im gutbürgerlichen Deutschland der wilhelminischen Epoche …“ Über den Großvater erfahren wir von ihm: „Als Kunsthändler führte er die etwa zehntausend Kunstinteressierten aus der Elite der Leipziger Bevölkerung, in die damals moderne, zeitgenössische Kunst der Jahrhundertwende ein. Seine Kunsthandlung, P.H. Beyer & Sohn, erlebte ihre Glanzperiode zwischen dem Jahre 1900 und dem Kriegsausbruch 1914. Carl Otto sammelte und verkaufte Original-Gemälde, Skulpturen und vor Allem Original-Graphik (Radierungen, Stiche, Holzschnitte, Steindrucke usw.) Zum grossen Teil waren diese die Werke deutscher Künstler, wie Hans Thoma, Käthe Kollwitz und Ernst Nolde. Der grosse Stern seiner Kunsthandlung war Max Klinger, mit dem ihn eine persönliche Freundschaft verband, und der Verkauf dessen Graphik beinahe ein Monopol Carl Beyers wurde.“

Um das „Universalgenie“ (Zitat aus dem Buch „Leipzig und die Leipziger“ von 1906) Max Klinger und dessen Unlust, bei der Interpretation seiner Werke zu helfen, geht es auch in Carl Otto Beyers Aufzeichnungen über die Bugra 1914: „Wie das in Künstlerkreisen scheinbar nicht anders zu machen war, gab es auch hier 2 Gruppen, ich will nicht gerade sagen Gegnerische, aber sicher Gegensätzliche: Die ältere Richtung, die Deutsche Kunstgenossenschaft, deren Interessen auf der Ausstellung Paul Herrmann vertrat und auf deren Abteilung Carl Köpping (der übrigens während der Dauer der Ausstellung starb) einen Ehrensaal bekommen hatte, – und der die stärksten Begabungen einschliessende Deutsche Künstlerbund. (Klinger, Graf Kalckreuth d.j., waren u. andren die Begründer). In dieser Abteilung lag es nahe, Klinger die künstlerische Leitung zu übergeben, zumal die Ausstellung die Verteilung des Villa-Romanapreises mit sich bringen sollte.

Klinger gehörte zu den treibenden Kräften, denen diese segensreiche Einrichtung zu verdanken war, die talentvollen jungen Künstlern ein kostenfreies Studienjahr in Florenz ermöglichte in der Villa Romana, die zu diesem Zwecke erworben worden war.

In der Künstlerbund-Abteilung war Klinger der Ehrensaal eingeräumt, und hier zeigte er zum ersten mal einen Teil des in Entstehung begriffenen Zyklus ‚Zelt‘, mit dem er seine längere Zeit vernachlässigte Radiertätigkeit wieder aufgenommen hatte. Ein neuer, gegen früher vereinfachter Stil, eine phantastische Szenenfolge märchenhafter Art aus dem Orient mit aufregenden Geschehnissen und ‚viel Fleisch‘ wie er selbst sagte. Aber irgend eine Deutung dazu zu geben, lehnte er auch hier ab. Auf eine diesbez. Aeusserung meinerseits, dass die Leute mich nach Sinn u. Zusammenhang dieses Märchens totfragen würden, zog er sich aus der Sache mit dem Scherz: Lassen Sie das gut sein, nötigenfalls übernehme ich die Begräbniskosten!“

Klinger ist bis heute in Leipzig präsent – Klingerhaus, Klingerhain, Klingerschule –, aber auch in Großjena bei Naumburg, wo unter anderem sein Radierhäuschen steht und auch sein Weinberg sowie sein Grab zu finden sind. Die Beyersche Klinger-Sammlung hingegen befindet sich seit Ende der 1940er Jahre in der Pinakothek in München.

Herzlichen Dank an Anders (Inhalt) und Mathias (historisches Bildmaterial)!
– wird fortgesetzt –

siehe auch unseren Beitrag „100 Jahre Alte Messe“ (Mai 2013)