In der MuKo (Musikalische Komödie) in der Lindenauer Dreilindenstraße waren wir schon ewig nicht mehr gewesen. Darum nutzten wir am 15. Dezember erst recht einen kurzfristig frei gewordenen Abend, um den „Zigeunerbaron“ zu erleben und die MuKo samt Komödienklause zu inspizieren. Und was sollen wir sagen? Es war wunderbar. Und ungewöhnlich. Bei der Soljanka nämlich, die wir vor der Vorstellung zu uns nahmen, lernten wir einen Dänen kennen.
Der Mann stammt, obwohl er perfekt deutsch spricht, aus Ribe, der ältesten Stadt Dänemarks. Er war (und ist) unterwegs von Opernhaus zu Opernhaus, von Operettenbühne zu Operettenbühne. Am Tag zuvor habe er sich „Macbeth“ in der Leipziger Oper angesehen, am Tag nach dem „Zigeunerbaron“ wollte er weiter nach Radebeul (Sächsische Landesbühnen). Das historische Theater in Bad Lauchstädt kannte er ebenfalls – und scheinbar war er auch seinerseits kein Unbekannter. MuKo-Mitarbeiter begrüßten ihn, immerhin fiel der circa 55jährige Gothic-Punk schon optisch auf.
Wir unterhielten uns selbstverständlich über die Olsenbande-Filme (dänische Gaunerkomödien u.a. aus den 1970er Jahren); dem freundlichen Herrn missfiel der in der DDR-Synchronisation verwendete – und landesweit populär gewordene – Ausspruch „Mächtig gewaltig, Egon!“. Er fand ihn nicht in der wortwörtlich richtigen Bedeutung übersetzt. Ansonsten war alles klasse.
Über den „Zigeunerbaron“, der Anfang März 2013 wieder in der MuKo gezeigt wird, nur soviel von uns Laien: Sympathische Darsteller singen und spielen in romantisch-prachtvoller Ausstattung (Bühnenbild und Kostüme) ein begeisterndes Werk. (Dummerweise hatten wir die mitwirkenden Tiere des Schweinefürsten Zsupán zu Beginn des Abends im Foyer nicht fotografiert …)
Die Komödienklause überzeugt mit gemütlich-theatergerechter Ausstattung, gutem Essen (u.a. Steak Zigeunerbaron) und freundlicher Bedienung. Wenn man möchte, steht zu Beginn der Pause das Essen auf dem Tisch (man muss es vorher nur sagen). Fetzig! Und die MuKo an sich? Ein schönes Haus mit Geschichte und Charme. Eröffnet wurde es 1913 als Varieté „Drei Linden“ (im Besitz der Plagwitzer Brauerei C.W. Naumann; Quelle: „Plagwitz – Aus der Geschichte des Vorortes und seiner Industrie“, 1986).
Das Büchlein „Alt-Leipziger Gaststätten auf Postkarten“ (1989) zeigt die Drei Linden Lindenau auf einer Karte von 1901 und schreibt dazu: „Um 1885 war die Gaststätte in der Drei Lindenstraße 30/32 der größte Gasthof in Leipzig-Lindenau … Später befand sich an gleicher Stelle das Haus Drei Linden, ein Restaurant und Theaterlokal mit Varieté, Sommertheater, Gartenlokal, Konzert- und Ballsaal sowie Gesellschaftszimmern … Heute befindet sich in den Räumlichkeiten dieser ehemaligen Gaststätte die Musikalische Komödie Leipzig.“
www.oper-leipzig.de/musikalische-komoedie
Nachtrag am 02.09.2016: Schade, schade! Der Wirt der Komödienklause, Jürgen Meißner, hört auf. Sein Mietvertrag wurde nicht verlängert. Mit ihm verlässt ein Original die gastronomische Bühne. Außerdem wird das gemütliche Lokal laut Pressemitteilung aus der Oper nun „erneuert und umgestaltet“ und sieht danach ganz sicher anders aus.
Nachtrag am 22.02.2017: Noch ist der Umbau nicht vorangeschritten. Wir waren heute mal neugierig vor Ort. +++ Am 02.03.2017 bekamen wir das Spielzeit-Buch der Oper für 2017/18 in die Hand und lasen auf Seite 221: „Voraussichtlich ab April 2017 werden der Restaurantbereich im Gebäude der Musikalischen Komödie sowie die Räumlichkeiten der Pausengastronomie für Sie neu gestaltet. Während dieser Zeit stehen die Gasträume nicht zur Verfügung. … Ab Herbst 2017 freuen wir uns, Sie in unseren neuen Räumen begrüßen zu dürfen.“
Nachtrag am 03.06.2018: Gestern schrieb die LVZ, dass das besagte Lokal nun Lortzing heißen und von Mike Demmig und Thomas Schatz betrieben wird. Seit gestern läuft der Probebetrieb. Heute vormittag schauten wir von außen durch die Fenster und sahen sehr nüchterne Räume – laut Zeitung „hell, hoch, freundlich, modern“.
(siehe auch unseren Beitrag „Kneipenrundgang West I“ vom Dezember 2014)