„Als die ersten Eingemeindungen erfolgten, stand Oberbürgermeister Dr. Otto Georgi seit 12 Jahren an der Spitze der Stadtverwaltung. Er war ein ebenso durch geistige Begabung wie durch Arbeitsfreudigkeit und Willenskraft ausgezeichneter Mann“, schreibt Julius Heiland im 1921 veröffentlichten Buch „Leipzig als Groß-Stadt“, in dem er auf die letzten gut 30 Jahre städtischer Entwicklung zurückblickt. Die begannen mit den ersten beiden „Einverleibungen“. Und zwar so: „Am 31. Dezember 1888 begab sich der Oberbürgermeister mit einigen Mitgliedern des Rates und des Polizeiamtes nach den Gemeindeämtern Reudnitz und Anger-Crottendorf, wo die Auflösung der Gemeinderäte und die Aufnahme der beiden Gemeinden in das Stadtgebiet erfolgte.“ Tags darauf war Leipzig um einiges größer.
Georgi, 1831 in Mylau im Vogtland geboren, studierte in Leipzig, Göttingen und Heidelberg und wirkte seit 1859 als Rechtsanwalt in unserer Stadt. 1868 wurde er hier Stadtverordneter und saß nebenbei 1870-77 für den Wahlkreis Reichenbach-Mylau im deutschen Reichstag. 1874 wählte man ihn in Leipzig zum Vizebürgermeister und nach dem Tod von Bürgermeister Dr. Koch 1876 zu dessen Nachfolger. „Die Bezeichnungen Oberbürgermeister und Bürgermeister wurden Ende 1877 eingeführt an Stelle der bisherigen Bürgermeister und Vizebürgermeister“, erklärt Autor Heiland.
Er attestiert Georgi Fleiß, Ausdauer sowie „eine ganz besondere Zähigkeit“ und bemerkt: „Sein Wirken hatte einen gewissen autokratischen Zug an sich, der dem Umstande entsprang, daß er in seinem Innersten überzeugt war, stets das Richtige zum Besten der Stadt gewollt und auch getroffen zu haben.“ Weiterhin verfügte der OBM über „das Talent, sich in alle technischen Fragen leicht einzuarbeiten“. Allerdings: „Gegen Opposition war er, und das war vielleicht seine einzige wirkliche schwache Seite, sehr empfindlich. Darin konnte er bis zur Nichtbeachtung der Höflichkeitsformen gehen …“
„Georgi übernahm die Stadtverwaltung … in einer Blütezeit Leipzigs. Sein Verdienst ist es, diese Blüte erhalten und gefördert zu haben.“ Das Buch nennt wichtige Geschehnisse aus diesen Jahren, u.a. 1888 die Grundsteinlegung des Reichsgerichts (Schlusssteinlegung 1895), ebenfalls 1888 die Einweihung der Neuen Buchhändlerbörse an der Hospitalstraße (Prager Straße) sowie des städtischen Vieh- und Schlachthofs. 1891 folgte die Eröffnung der städtischen Markthalle – während 1892 die Herbstmesse ausfiel, „wegen der aus Hamburg drohenden Einschleppung der Cholera“.
1895/96 wurde das alte Gewandhaus zum Messehaus Städtisches Kaufhaus umgebaut, parallel dazu entstanden private Messehäuser. 1896 konnte Einweihung des (alten) Grassimuseums gefeiert werden und die des Turms auf dem Rosentalhügel, der „sehr zum Leidwesen seines Schöpfers, des Oberbürgermeisters Dr. Georgi, im Volksmunde den Namen ‚Scherbelberg‘ erhielt und auch behalten hat“. 1898 erlebte Leipzig den ersten Spatenstich für das Völkerschlachtdenkmal.
1893 kaufte die Stadt die bis dahin militärisch genutzte Pleißenburg. Zu der Zeit gab es Pläne, das Neue Rathaus an Stelle des Alten sowie der Handelsbörse zwischen Markt und Reichsstraße zu errichten. „Aber Georgi wußte auch dieses Mal seiner Ansicht zum Siege zu verhelfen. Mit knapper Mehrheit gaben die Stadtverordneten ihre Zustimmung“ zum Neubau „an der Peripherie der inneren Stadt“. Die Grundsteinlegung 1899 gilt als eine der letzten Amtshandlungen Georgis. Im Alter von 67 Jahren schied er auf eigenen Wunsch aus dem Amt, kurz darauf wurde ihm zu Ehren die Bahnhofsstraße in Georgiring umbenannt.
Der erste OBM und „Großpapa von Leipzig“ wohnte laut des 1906 erschienenen Buchs „Leipzig und die Leipziger – Leute, Dinge, Sitten, Winke“, das ihm auch den soeben verwendeten Spitznamen verpasste, in der Querstraße 26, also nahe des Georgirings, im „Gh. II“ (Gartenhaus, zweite Etage?). Er starb 1918.
Herzlichen Dank an Mathias für das historische Buch!