Unsere Stadt hat nicht nur die zwei bekannten Rathäuser in der Innenstadt, das Alte und das Neue Rathaus, die von Touristen manchmal verwechselt werden, vorzuweisen, sondern auch noch etliche in den ehemals selbständigen Stadtteilen. Darunter repräsentative wie in Eutritzsch (von 1887/88), Leutzsch (1903/04) oder Wahren (1906/07) und zu Wohnzwecken umgenutzte wie das in Plagwitz (1883/84). Auch das eher kleine, aber architektonisch bemerkenswerte Rückmarsdorfer Rathaus (1928) wird bewohnt.
Nicht weit von letzterem entfernt ist das ehemalige Gemeindeamt von Gundorf gerade auf dem besten Wege, sich in ein Schmuckstück zu verwandeln. Es gibt noch weitere ansehnliche Ex-Verwaltungsgebäude, zum Beispiel in Mölkau, Schönefeld und Stötteritz, sowie den einstigen Ratskeller von Stünz – in der Cunnersdorfer Straße, die kurz darauf zur Geithainer wird. Und wo ein Ratskeller existiert(e), kann eigentlich ein Rathaus nicht weit sein. Gab es eins in Stünz? Weiß da jemand Genaueres*?
Im Leipziger Stadtplan von 1988 sind einige Rathäuser als „Öffentliche Dienststellen“ der Räte der Stadtbezirke aufgeführt: Eutritzsch und Wahren für den Stadtbezirk Nord, Schönefeld für Nordost, Stötteritz für Südost und Plagwitz für Südwest. Über das Rathaus Rückmarsdorf steht im Sax-Führer „Bienitz“ (1998), dass es über einen neugotischen Giebel verfügt und im Stil des Expressionismus gebaut wurde. Außerdem: „Die Zifferblätter der Uhr zeigen genau in alle vier Himmelsrichtungen.“
„Das 1887 errichtete Rathaus in Reudnitz entwarf der Architekt Fiedler“, weiß nun wieder das Buch „Leipzig – Architektur von Romanik bis zur Gegenwart“, und wir grübeln, wo sich dieses befand. Dem Leipziger Stadtplan von 1884 zufolge wahrscheinlich dort, wo die heutige Reclamstraße (damals Rathausstraße), von der Dresdner Straße kommend, auf die Kohlgartenstraße trifft. Da ist ein Rathaus vermerkt; stark anzunehmen, dass der Neubau drei Jahre später an Ort und Stelle erfolgte. Auf einem Stadtplan von 1933 (Grieben, Große Ausgabe) allerdings finden wir das gesuchte Rathaus in der Dresdner Straße gegenüber vom Stephaniplatz, zwischen Gemeinde- (heute Klasing-) und Rathausstraße. Rätselhaft**.
Nachtrag: Mit der „Reaktivierung des Wahrener Ratskellers“ beschäftigt sich die Leipziger Volkszeitung am 29.07.2014 und schreibt u.a.: „Es ist erst ein paar Wochen her, da räumte die Stadtverwaltung ein, dass sich in dem Mauerwerk des Schönefelder Rathauses trotz einer 1,9-Millionen-Sanierung nach wie vor Nässe ausbreitet … Nicht viel anders sieht es in Wahren aus“. Dort habe die Rekonstruktion knapp drei Millionen Euro gekostet, 2008 sei die Schulverwaltung ins Gebäude gezogen. Der Ratskeller befinde sich bis heute in einem „rohbaumäßigen Zustand“, vor 14 Jahren zog dessen bislang letzter Pächter aus.
* Helmut-Henning Schimpfermanns Gaststättenführer „Wirtliches an der Pleiße“ verrät zumindest ein bisschen was über den Ratskeller Stünz: „Cunnersdorfer Straße 32. 1949/87 Gaststätte, dann erloschen und zweckentfremdet genutzt.“
** Endlich eine Spur! Im Buch „Leipzigs Grün“ (Passage-Verlag, 2013) haben wir ein Foto des Reudnitzer Rathauses gefunden. Dort wird über den Stephaniplatz ausgeführt: „… die Bebauung ringsum ist ohnehin eher licht. Als der aus zwei Teilen bestehende Stadtplatz um 1900 an der Dresdner Straße angelegt wurde, sah es hier noch anders aus. Da rahmten ihn das Reudnitzer Rathaus, Bürgerhäuser und die VII. Bürgerschule. An der Dresdner Straße sorgten Kirche, Post und zahlreiche Geschäfte für reges Treiben.“ +++ Noch besser sehen wir das Rathaus Reudnitz im Heft Leipziger Osten 3 (1994), auf Seite 73.
Aus der Leipziger Volkszeitung vom 13.07.2000: „Die Wohnungsgenossenschaft Transport (Wogetra) hat für 650 000 Mark das Rathaus am Eutritzscher Markt gekauft und will es bis 2003 sanieren … Technikvorstand Gert Köhler … ‚Da wir bereits seit längerer Zeit mit einer Arbeitsgruppe nach einem neuen Sitz für unsere Genossenschaft suchten, kam auch dieses ehrwürdige Gebäude in die engere Wahl.‘ … Auf den rund 1200 Quadratmetern Nutzfläche sei aber auch noch Platz für einige Eutritzscher Initiativen wie den Bürgerverein, der im Erdgeschoss einziehen soll. ‚Private Mieter wird es in dem Haus nicht geben … Es gehörte zu den Vorgaben der Stadt, dass dieser schöne Bau weiter öffentlich zugänglich ist.‘ Das Rathaus Eutritzsch wurde zuletzt von der Polizei genutzt und steht nun seit einem Jahr leer.“
Nachtrag im Juni 2016: Wir haben – für uns – ein weiteres Leipziger Rathaus entdeckt, das Rathaus Mockau (siehe den gleichnamigen Beitrag). Kurz danach „erledigten“ wir auch Burghausen und fügten es nach dem Foto des benachbarten Rathauses von Rückmarsdorf in die Galerie ein.