Historie

Melodie des Westens

Melodie des Westens

Nachdem wir beim Cü-Co ein wenig weiter gekommen sind und ihn aktuell für eine Curaçao-Colada halten, wollen wir hier in Folge 2 auf das Speiseangebot der Tanzbar Melodie* eingehen. Zunächst stehen belegte Brote auf der Imbiss-Karte, mit Salami, Schinken, Eiersalat, Matjesfilet, Gabelbissen sowie als Krönung die Schlemmerschnitte mit Kassler, Merrettich und Mayonnaise. Für den Feinschmecker geht es gleich mit Mayonnaise weiter – Mayonnaise vom Silberlachs oder Krebsmayonnaise. Höhepunkt hier ist Kaviar, jeweils mit Toast. Zum Wein empfiehlt man 1960 in Lindenau Rührei mit Schinken, Schweinskotelett oder Ragout Fin und zu vorgerückter Stunde Gulaschsupe.

Vom Herd kommen zu dieser Zeit Wiener oder Gefülltes Schnitzel (Schweizer Art) und Kalbsteak ungarisch oder au four, während die Kaltmamsell (tolles Wort, leider nicht mehr im Gebrauch) unter anderem die bis heute üblichen Kneipenspeisen Strammer Max und Karlsbader Schnitte serviert, das durch Fettdruck hervorgehobene Tartar-Beefsteak, die Melodie-Hausplatte (für zwei Personen oder ein Illustriertes Brot! Wieder ein herrlicher Name, leider haben wir keine Ahnung, womit und in welcher Form das Brot damals illustriert wurde.

Dafür wissen wir, dass die Tanzbar Melodie auch einmal Café des Westens gehießen hat, eine Ansichtskarte zeigt das und muss vor 1950 verlegt und verkauft worden sein, in dem Jahr nämlich wurde die Frankfurter Straße umbenannt (siehe leipzig-lexikon.de). Weiterhin existiert eine Eintrittskarte vom 2. Oktober 1966, auf der in den vier zu DDR-Zeiten üblichen Messe-Sprachen Deutsch, Russisch, Englisch und Französisch vermerkt ist: „Für Plätze, die bis 1 Std. nach Eröffnung nicht eingenommen werden, besteht kein Anspruch. Die Gaststättenleitung ist berechtigt über diese Plätze anderweitig zu verfügen.“

Letzte Sache: In der Melodie soll es gläserne Tanzfläche gegeben haben! Weiß da jemand mehr oder hat Bilder?

* heute: Café Eigler

Nachtrag am 27.05.2018: Weil Mutti Ordnung hält, wissen wir nun, was Illustrierte Brote sind! Sie brachte uns das 1979 im Leipziger Verlag für die Frau erschienene Heft „Am gedeckten Tisch“ und darin das Rezept: „Illustrierte Brote: 4 Scheiben Vollkornbrot, 40 g Butter, 2 Eßl. Tomatenmark, 200 g Schnittkäse, 4 Tomaten, 1 Dose Ölsardinen, 1/2 Zitrone. Das Brot mit Butter und Tomatenmark bestreichen, mit Käse- und Tomatenscheiben belegen, darauf die Ölsardinen verteilen, auf diese hauchdünne Käsescheiben legen und die Brote mit Zitrone garnieren.“ Fertig ist der Lack! Danke, Mutti!

Nachtrag am 07.10.2020: Peter teilte uns mit: „Ich kenne die Gaststätte noch unter dem Begriff Angerbar. Muss in den 50er Jahren gewesen sein. Mein Vater war Gaststättenleiter und ich durfte als kleiner Steppke abends die Beleuchtung der gläsernen Tanzfläche an- und ausschalten.“ Tolle Sache! Danke, Peter! Wenn es jetzt noch Fotos davon gäbe …