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Neue Bücher von alten Helden

Neue Bücher von alten Helden

André Kudernatsch und Michael Schweßinger haben sich in der Leipziger Literatur- und Unterhaltungsbranche einige Meriten an das bunte bzw. schwarze Hemd des Handelns heften können, André Kudernatsch u.a. mit dem Titel „Suffis Welt“ und der Live-Show „Kudernatschs Kautsch“ und Michael Schweßinger z.B. mit seinen poetisch-dokumentarischen Lindenau-Büchern sowie im Verlag PaperOne.

Zur kommenden Buchmesse präsentieren sie ihre neuen Werke, André Kudernatsch einen Demenz-Report und Michael Schweßinger eine Zeitz-Reflektion, beide Titel und Termine möchten wir stark empfehlen. Die Lesungen finden am 28. März statt, die erste um 19 Uhr im Buddehaus in der Lützowstraße 19, die zweite beginnt 21.30 Uhr im Ostpassagetheater in der Konradstraße 27. Und da die eine keinen Eintritt kostet, könnt Ihr erst recht auch die andere besuchen.

Vorgestellt werden Liebesgeschichten, in „Das kannst du voll vergessen“ (Salier Verlag) geht es um die Liebe zum Vater, in „This Is Not Paradise“ (Edition Outbird) um die Liebe zu einer Stadt.

Noch vor kurzem hat André Kudernatsch Bücher mit seinem Vater geschrieben, jetzt betreut er ihn, denn die Mutter fährt zur Kur. In diesen Wochen dreht sich das Vater-Sohn-Verhältnis auf tragische, weil unfreiwillige Art und Weise um. Das Erlebte verarbeitet André Kudernatsch in einer literarischen Reportage, bei deren Lesen wir gleichzeitig weinen und lachen müssen und immer wissen wollen, wie es denn nun weitergeht („In die Tagespflege geh ich nicht mehr. Da haben sich zwei Frauen gehauen …“).

„Ich bin total im Eimer“, sagt der Vater zum Sohn. „Ich war in den letzten Tagen weit weg und gar nicht richtig da. Das kann man nicht erklären.“ Dann fragt er mich nach diesen letzten Tagen und schüttelt den Kopf, weil er sich an nichts erinnern kann. „Der Kopf ist leer“, erklärt er mir tieftraurig. „Das kannst du dir nicht vorstellen.“

Bei seiner Buchpremiere im Buddehaus wird André Kudernatsch vom Gohliser Musiker Andreas Groß unterstützt. Auch André Kudernatsch hat mal in Gohlis gewohnt, ganz in der Nähe – in der Coppistraße.

Wer zum Teufel zieht nach Zeitz? Das fragen sich nicht nur die Möbelpacker, sondern auch Michael Schweßingers besorgtes Umfeld. Der Autor antwortet in seinem neuen Buch: „Als ich 2002 beschloss, von Bamberg in das aus fränkischer Vollsanierungsperspektive fürchterlich heruntergekommene Leipzig zu ziehen, stieß ich auf ähnliches Erstaunen und Skepsis bei Freunden. … Ich mochte diese Mischung aus Verfall und Neugestaltung. Ich mochte diese Menschen mit unklaren Lebensläufen, mit Ecken und Kanten und nicht so viel Zielbestimmung im Leben.“

Und er fügt hinzu: „In Zeitz kann dir wieder alles passieren, dachte ich mir, als ich mit einigen Freunden um zwei Uhr morgens in der Unterstadt in einem Abbruchhaus landete …“ Intelligent und aufmerksam preist Michael Schweßinger u.a. die Zeitzer Gemütlichkeit: „Vielleicht ist das die Gemütlichkeit, die einsetzt, wenn die großen Illusionen ausgeträumt sind, aber es ist eine schöne Gemütlichkeit, die mir sehr oft hier begegnet.“ Außerdem stellt er fest: „In Zeitz gibt es eine große Sehnsucht nach Kommunikation …“ Nicht nur in Zeitz.

„This Is Not Paradise“ versammelt Geschichten und Bilder wie aus dem Lindenau kurz nach der Jahrtausendwende. Die Bilder steuerte der gebürtige Bornaer Marcel Schreiter bei, der in Zeitz als Mitglied des Vereins Wort & Klang kulturelle Veranstaltungen organisierte und 2021 gemeinsam mit Michael Schweßinger bereits einen Bild-Text-Band über Bukarest herausgebracht hat.

Michael Schweßinger und Marcel Schreiter sind am 28. März mit dem Literarischen Salon des Verlags Edition Outbird im Ostpassagetheater zu Gast, außerdem gibt es Termine in der Stallwache im Westwerk (27.) sowie bei Hugendubel in der Innenstadt (29.). Am 30. März schließlich kommt Michael Schweßinger mit Hauke von Grimm in die Gießerstraße 16.

siehe auch unsere Beiträge „Auweia, Weihnachten!“, „Bäcker und Schriftsteller“ (beide Dezember 2019), „Städte im Umbruch: Bukarest und Leipzig“ (Juni 2021) und „Zeitreise nach Zeitz“ (Oktober 2021)