Fotomotive Historie

Leipziger Löwen

Leipziger Löwen

Der Löwe ist das Leipziger Wappentier und auch das von Chemnitz und Dresden. Die Wappen der drei großen sächsischen Städte sehen sich dementsprechend ähnlich: Löwe links, blau-gelbe Streifen rechts = Leipzig. Löwe rechts, blau-gelbe Streifen links = Chemnitz. Löwe links, schwarz-gelbe Streifen rechts = Dresden. Sicherheits- und Menüdienste, Bäcker und was wissen wir nicht noch schmücken sich in unserer Stadt mit dem Löwen, der Zoo war mal stolz auf seine Zucht.

Es gab sogar mal eine Löwenjagd und daraufhin ein Hotel Zum Löwen (damals in der Blücher-, dann Rudolf-Breitscheid-, jetzt Kurt-Schumacher-Straße). „Aus einem Zirkuswagen waren die gefährlichen Wappentiere der Stadt leipzig ausgebrochen“, schreibt Bernd-Lutz Lange in seinem „Liederlichen Leipzig“ – vom Buchtitel grüßt ein Löwe mit Sonnenbrille, gezeichnet von Ulrich Forchner. Die Löwenjagd wurde auch Löwenschlacht genannt. Hans Ludwig und Bernd Weinkauf erzählen in ihrem Bestseller „Leipzigs langes Leben“ warum:

„Am Sonnabend, dem 18. Oktober 1913, wurde das Völkerschlachtdenkmal eingeweiht. Bei dieser Gelegenheit zeigten sich gekrönte Häupter ihrem Volke. Die ‚gute alte Zeit‘ war schon gar nicht mehr so gut und auch bedrohlich neu; mit Bombenattentaten, hatte man gedroht, wollte man die Schlachtfestfeier wörtlich nehmen. Polizei, aus allen Ecken des Reiches, war aufgeboten … Wie mutig sie auch die Kronen mit ihren Leibern decken wollten, nicht das kleinste Bömbchen explodierte … Endlich, am letzten Tag der Feierlichkeiten, verunglückte in der Berliner Straße der Löwenwagen des ‚Zirkus Barnum‘ …“

Mindestens ein Zirkuslöwe flüchtete sich ins Hotel Blücher (auf einer Sammelmarke in „Leipzigs langem Leben“ sind’s zwei), das aufgrund dieser Aufgregung später den Namen Hotel Zum Löwen führte. Im Augenblick heißt es Best Western – da kommt kein Mensch mehr auf die alte Begebenheit. „Die Leipziger Löwen sind weit über Deutschlands Grenzen hinaus bekannt“, zeigte sich Stadtrat Dietze 15 Jahre nach dem Ereignis stolz – sein Beitrag in der Broschüre „Leipzig in Wort und Bild“ handelt allerdings vom Zoologischen Garten.

Unabhängig davon sieht man bis heute an vielen Leipziger Häusern vorzugsweise Löwenköpfe. Wir haben einige davon abgelichtet und werden diese Galerie von Zeit zu Zeit ergänzen.

Nachtrag am 10.02.2015: „Frühere Löwenbäckerei wird abgerissen“, erfahren wir heute aus der Leipziger Volkszeitung. Auf das Gelände werden Reihen- und Doppelhäuser gebaut. Die Löwenbäckerei hatte zwei Standorte, Zschortauer und Russenstraße (um die geht es hier), und stellte im Dezember 2012 den Betrieb ein. „1946 wurde das seinerzeit Stern-Brot heißende Unternehmen verstaatlicht und hieß fortan VEB Leipziger Brotfabrik. Ab 1969 gehörte es zum VEB Backwarenkombinat Leipzig. 1990 unter dem Name Löwenbäcker privatisiert …“

Einen Stern-Brot-Lieferwagen seht Ihr im Buch „Messe, Markt und Minirock“ (Wartberg Verlag) auf Seite 13. Er steht dort vorm Klingerhaus in der Petersstraße. Im Buch wird in dem Zusammenhang die Leipziger Brotfabrik Gebr. Pätz & Co.* erwähnt.

Aus einem Leserbrief von Konrad Dittrich an die LVZ zu diesem Thema, abgedruckt am 27.02.2015: „Die Bäckerei Knoll wurde 1836 in Probstheida gegründet. 1939 übernahm Hermann Knoll den Betrieb von seinem Vater Emil Knoll. … Manche älteren Leipziger werden sich noch an die Einspänner-Pferdewagen mit der Aufschrift ‚Knoll-Brot‘ erinnern, mit denen die Erzeugnisse in die südlichen Stadtgebiete geliefert wurden. Hermann Knoll führte den Betrieb bis zur Verstaatlichung 1972. Erst ab dieser Zeit wurde der Betrieb dem VEB Löwenbäckerei angeschlossen.“

Nachtrag am 29.09.2016: Heute früh sind zwei männliche Löwen aus dem Zoo ausgebrochen, schwimmend oder springend überwanden sie den Wassergraben. Majo konnte zurück ins Gehege getrieben werden, der widerspenstigere Motshegetsi wurde, nachdem Betäubungsversuche missglückt waren, erschossen. Die beiden Brüder lebten erst seit Mitte August in Leipzig, sie stammten aus dem Zoo Basel.

* Nachtrag am 01.01.2017: Andreas Kripp informierte uns: „Leipziger Brotfabrik Gebr. Pätz & Co. ist falsch, es waren die Brüder Joachim, und Herr Pätz war nur kurzzeitig Teilhaber, daher richtig: Leipziger Brotfabrik Gebr. Joachim, Pätz & Co. Unter den Nazis musste dem fünfstrahligen Firmenstern übrigens ein Strahl entfernt werden, damit er sich besser vom sechsstrahligen Judenstern unterscheidet.“ Vielen Dank für den Hinweis! Siehe dazu auch unsere Beiträge „Stern-Brot aus Eutritzsch I und II“ (Januar 2017).

Nachtrag am 16.09.2020: Der heutigen LVZ entnehmen wir, dass unmittelbar westlich des Hauptbahnhofs, begrenzt durch Kurt-Schumacher- und Berliner Straße das Löwitz-Quartier (immerhin kein Kiez) entstehen soll. Hamburger Investoren greifen „das Motiv des Leipziger Löwen auf, welcher nicht nur im Stadtwappen, sondern im gesamten Stadtbild als Fassadenelement oder Brunnenfigur zu finden ist“, und hängen dem Wort die ortsübliche Endung -itz an. So wollen sie „ganz bewusst“ das Gefühl erwecken, dass ihr Baugebiet „schon immer Teil der Stadt gewesen sein könnte“. Der Name ist ja ganz nett und passend, der Marketingmanipulationsversuch hingegen unschön.

Nachtrag im Juni 2023: Uns völlig neu ist dieses zweifarbige Tier im Wappen von Markkleeberg, der gold- und silberfarbene Löwe des Pleißenlands. Das Pleißenland war im Mittelalter Reichsgut, unterstand bzw. gehörte also dem Kaiser, fiel aber im 13./14. Jh. an die sächsischen Landesherrn, die Wettiner. Im Pegauer Wappen ist der Löwe auch zu sehen. Die Abb. stammt aus „Markkleeberg im Spiegel alter Ansichten“ von 1991. Unser herzlicher Dank geht an Katrin, die uns das Buch ausgeliehen hat!