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Das Relief an der Oper

Das Relief an der Oper

Unser alter Gefährte Norbert, der in den Achtzigern bereits durch Leipzig lief und radelte, den Fotoapparat immer im Anschlag, den Blick in alle Richtungen schweifen lassend, dokumentierte Anfang der Neunziger eine Geschichte, die bis heute ziemlich unbekannt geblieben ist. Obwohl das sichtbare Ergebnis dieser Begebenheit, ein Relief, direkt an der Oper in der Goethestraße steht, hat es keinen herausragenden Platz im Gedächtnis der Leipziger gefunden.

Unterhalb des Operncafés ergießen sich keine Fußgängerströme, und wenn doch ein Passant passiert, dann guckt er selten hoch oder zur Seite. Zur Sache: Dort, am Operncafé, findet Ihr einen baulichen Rest des Neuen Theaters, das erwähnte Relief bzw. einen Figurenfries, und hier bei uns findet Ihr eine Zusammenfassung von Norberts Nachforschungen aus den Jahren 1991-93.

Im Dezember 1943 wurde das Neue Theater, Vorgängerbau der jetzigen Oper, von Bomben getroffen und zerstört. Die Fassade blieb nahezu unbeschädigt, zu einem Wiederaufbau jedoch kam es nicht, 1950 begannen die Abrissarbeiten. Im Zuge derer brachte man die Überbleibsel des Figurenschmucks zumindest teilweise auf den Alten Johannisfriedhof hinter dem Grassimuseum – wahrscheinlich, denn sie gerieten in Vergessenheit.

Norbert schreibt, dass die Teile an den Innenmauern des verschlossenen Gräberfeldes angebracht gewesen waren, 1990 wurden sie abmontiert, um das Mauerwerk erneuern zu können. „Nun lagerten die Fragmente moosbewachsen auf ebener Erde oder behelfsmäßig an einen Baum gelehnt, bis sie Anfang 1991 der Leipziger Hans Michael Richter, der bis April 1943 als Regieassistent am Neuen Theater gearbeitet hatte, nach einem Gespräch mit einem Kunsthistoriker wiederentdeckte.“

Hans Michael Richter wandte sich damals hilfesuchend an die Theatergemeinde Leipzig, man trieb Sponsoren für den Transport in eine Werkstatt auf, ebenso Fördermittel für die Restaurierung. Der Gohliser Bildhauer Markus Gläser wurde aktiv, er brachte die Figuren behutsam in Ordnung, wobei er sie bis auf eine Ausnahme, auf die wir gleich zu sprechen kommen, absichtlich als Fragmente beließ. Währenddessen ordnete Norbert die Gruppe mit Hilfe einer alten Ansichtskarte mehrheitlich dem östlichen Flügel des Neuen Theaters zu (es gab zwei weitere Friese, einen über dem westlichen Flügel und einen über dem Hauptportal).

Die erwähnte Ausnahme stellt die durch die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs enthauptete Lipsia dar. Die Liegende, laut Norberts Aufzeichnungen „Sinnbild für unsere kunstliebende Stadt“, erhielt von Markus Gläser einen neuen Kopf. Im Rahmen der 300-Jahr-Feierlichkeiten der Leipziger Oper wurden Lipsia und die Anderen (u.a. Ariadne, Bacchus und Ceres) in der Goethestraße aufgestellt, enthüllt am 22. Mai 1993 von Opernintendant Udo Zimmermann. Seitdem werden sie dort weitgehend übersehen.

Herzlichen Dank an Norbert!