(A.H.) Ende des 19. Jahrhundert war es technisch möglich, Eisfabriken und Kühllagerhäuser industriell zu betreiben. In Leipzig betätigen sich Ende 1898 zwei „Krystall-Eis-Fabrikanten“, der allseits bekannte Chocolatier Wilhem Felsche aus Gohlis und ein Herr Heinitz, von dem wir bislang nicht viel in Erfahrung bringen konnten.
Im Jahr 1898 erwirbt Gustav Heinitz das Grundstück Cichoriusstraße 11 vom Tiefbauunternehmer H.C.P. Wüstner und wird dort als Inhaber einer Eisfabrikation erwähnt. Die später zum Werk gehörige Ungerstraße 8, damals Carlstraße genannt, war 1899 noch Baustelle bzw. unbebaut. Ab 1900 lautet die Firmenbezeichnung „Krystall-Eis-Werke und Kühlhallen-Anlagen von Gustav Heinitz“.
Ende 1901 verkauft (?) Gustav Heinitz sein Eiswerk und bewirtschaftet vermutlich das spätere Goldene Fass in der Gerberstraße 20 als Kneipier, die Krystalleisfabrik und Kühlhallen Actien-Gesellschaft wird neuer Eigentümer der Cichoriusstraße 11. Die Ungerstraße 8 wird immer noch als Baustelle bezeichnet, aber ab 1903 gehört das Grundstück zur Eisfabrik und wird seit 1914 als Firmenadresse angegeben.
Im Laufe des Jahres 1911 wird die Krystalleisfabrik und Kühlhallen AG in Anger-Crottendorf von der Gesellschaft für Linde’s Eismaschinen AG übernommen, das Leipziger Eiswerk ist von da an ein Betriebsteil von Linde. Um 1913 wurde in der Bitterfelder Straße 7-11 eine weitere Anlage errichtet, welche als Werk II betrieben wird.
Einen kleinen Einblick in die Tätigkeit der Leipziger Eiswerke gibt die Zeitschrift für die gesamte Kälte-Industrie, Heft 5 von 1922, dort wird im Geschäftsbericht der Gesellschaft für Lindes Eismaschinen AG in Wiesbaden von 1921 für die Leipziger Werke von einem zufriedenstellendem Ergebnis berichtet, zugleich werden aber die nicht voll ausgenutzten Lagerräume bemängelt, „da die früher üblichen Lagergüter noch nicht genügend Eingang finden“.
Die im Zweiten Weltkrieg fast unbeschädigt gebliebenen Gebäude konnten 1945 weiterbetrieben werden, bis durch die sowjetischen Demontagen das Aus kam. Das jedenfalls berichtet Hans-Liudger Dienel in seinem Werk „Linde AG – Geschichte eines Technologie-Konzerns 1878-2004“. Danach wurden die Hallen als ungekühlte Lagerhäuser genutzt und mit Gründung der DDR 1949 wird der Betrieb verstaatlicht.
Allerdings wurden die Baulichkeiten später wieder als Kühlanlagen genutzt, 1955 gab es den VEB Kühlhaus- und Eiswerke Leipzig mit den Betriebsteilen Werk I in der Brandenburger Straße 5, Werk II in der Bitterfelder Straße 7-11, Werk III in der Ungerstraße 8 sowie Werk IV in der Nathusiusstraße. 1960 firmiert das frostige Gebilde als Volkseigener Kühlbetrieb Leipzig und bestand in dieser Form bis nach 1989.
Heute ist die Bausubstanz in der Cichoriusstraße 11 und Ungerstraße 8 ein Kulturdenkmal des Leipziger Stadt- und Ortsteils Anger-Crottendorf und in der Denkmalliste vom Landesamt für Denkmalpflege Sachsen mit Stand vom 20. Juni 2013 erfasst. Dies beinhaltet die gesamte Fabrikanlage, bestehend aus Fabrik- und Lagergebäude mit zwei Kühlhäusern, Verwaltungsanbau, Schornstein, Kessel- und Maschinenhaus sowie die Hofpflasterung.