Die Maschinenfabrik von Philipp Swiderski, gelegen an der Ecke von Zschocherscher und Markranstädter Straße, im Grenzgebiet von Plagwitz und Kleinzschocher, gehört zu den beliebtesten und besuchtesten Lost Places unserer Stadt. Sie sieht interessant aus und ist gut begehbar. Nicht umsonst tauchen überall Fotos vom neogotischen Turm und aus dem glasüberdachten Inneren auf.
Auf Wikipedia kann man erfahren, dass der (Nachfolge-)Betrieb dort 1990 stillgelegt wurde und die Treuhand Gebäude und Gelände Mitte der 1990er an Manfed Rübesam verkaufte. Der Münchner Unternehmer war damals eine Berühmtheit, dank seines (nie umgesetzten) Plagwitzer Hochhaus-Projekts. Ein Bild davon findet sich in der 1999 erschienenen Pro-Leipzig-Broschüre „Plagwitz – Ein Leipziger Stadtteil im Wandel“ (auf Seite 42).
Unter anderem diese Publikation nennt das Jahr 1888 im Zusammenhang mit dem Umzug Philipp Swiderskis vom Leipziger Osten (Talstraße) in den Westen (Zschochersche Straße). Im Forum von standmotor.de („Erstes deutschsprachiges Oldtimer-Motorenforum“) des Erfurters Mathias Becker bringt Christian Schupp von motorenbau.eu eine längere Abhandlung über Swiderski, welcher u.a. Petroleummotoren bauen ließ, einen seinerzeit berühmten Schachspieler zum Sohn hatte (*1878 Rudolf) und eine Villa in der Karl-Tauchnitz-Straße bewohnte. Später trug seine Fabrik den Namen (Friedrich) Georg Spieß, da wurden dann u.a. auch Druckmaschinen hergestellt, wovon sich die Firmierung zu DDR-Zeiten – VEB Druckmaschinenwerke Leipzig – ableitet.
Die Villa Swiderski (es existiert ebenfalls ein Wikipedia-Eintrag) befand sich in der bis heute mondänen Karl-Tauchnitz-Straße 35 (vor der Umnummerierung war das die 51). Erbaut hatte sie der stadtbekannte Architekt Arwed Roßbach, nach Swiderski zog Hans Heinrich Reclam ein, ein weiterer großer Name. Das Haus wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.
Zurück zur Fabrik: Karoline Mueller-Stahl stellt in den Leipziger Blättern vom Frühjahr 2011 die Frage nach einer zukünftigen Nutzung und schreibt, dass eine Thüringer Immobilienfirma gut vier Jahre zuvor im Rahmen einer Zwangsversteigerung in den Besitz der Liegenschaft gelangt sei. Zukünftige Nutzung – was kommt in Frage? Wohnungen? Handel? Tanz, Sport, Gastronomie?
„Eine der schlechtesten Entscheidungen wäre es“, so die Autorin, „nun sehenden Auges die Zeit ‚arbeiten‘ zu lassen und den fortschreitenden Verfall der Gebäude abzuwarten, bis der wirtschaftliche Aufwand, sie zu erhalten, dem Eigentümer nicht mehr zuzumuten ist – trotz Denkmalschutz.“ Da hat sie recht, passiert ist nichts.
Und die Neuigkeiten? Sind zum einen die formidablen Luftaufnahmen von Birk Poßecker (My Lpz) und zum anderen die von uns antiquarisch aus Dresden beschaffte Ansicht vom Ende des 19. Jahrhunderts.
Nachtrag 1: Uwe, mit dem wir von Anfang zusammenarbeiten (u.a. Karl-Heine-Straße-Kneipen, Elsterstausee, Verbindungsbahn Plagwitz – Connewitz), gab seinen „drei Jahre alten Senf“ dazu, in Form dreier Bilder von der Swiderski-Ruine bzw. aus der unmittelbaren Nachbarschaft. Danke!
Nachtrag 2: Am 26.04.2017 bringt die LVZ eine ganze Seite über die Swiderski-Ruine, Autorin Gina Apitz ist darin mit Birk unterwegs!