Filmfreund Jens spielte uns wieder ein Stück Filmgeschichte zu und holt dabei erneut Vergessenes ans Tageslicht zurück. Zur Bebilderung des Beitrags waren wir an dessen Schauplatz in Gohlis-Mitte unterwegs und entdeckten im Anschluss daran zwei Ritter, einen Drachen und eine Fortuna. Doch zunächst zu Jens‘ Text:
(J.R.) „In der Leipziger Wilhelm-Florin-Straße, der heutigen Hoepnerstraße, wohnten und lebten eine Zeitlang gleich drei prominente Personen aus Film und Fernsehen sinnbildlich gesprochen fast Tür an Tür. Der bekannte Künstler Helmut Schreiber (1925-1995) war zu jener Zeit mit der polnischen Schauspielerin Zofia Slaboszowska (1933-2004) verheiratet und hatte sein Zuhause in der Nummer 23. Sein nicht minder bekannter Nachbar in der Wilhelm-Florin-Straße Nummer 22 war der jugoslawische Schauspieler und Synchronsprecher Ivan Malré, eigentlich Ivan Malesevic (1922-1974).
Ivan Malesevic war als Kind mit seiner Familie in das damalige Deutsche Reich gekommen und hatte früh seine Leidenschaft für das Schauspiel entdeckt. Von 1939 bis 1941 nahm er Schauspielunterricht in Prag, gefolgt von Engagements an tschechischen Bühnen. Nach Kriegsdienst und Gefangenschaft begann er sich im Jahr 1949 wieder dem Schauspiel zuzuwenden, an Theatern in Neuruppin, Senftenberg, Zeitz und Altenburg. Von 1957 bis zu seinem Lebensende wirkte er als Ensemblemitglied der Städtischen Theater Leipzig.
Parallel zu seiner Tätigkeit als Bühnendarsteller wurde er auch für den Film und das Fernsehen der DDR gebucht und vielfach als Schurke und Bösewicht besetzt. Größere Rollen hatte er unter anderem in den DEFA-Filmen ‚Ware für Katalonien‘ (1959), einem Krimi, oder ‚Freispruch mangels Beweises‘ (1962), einem handwerklich recht gelungenen Beitrag zur Entlarvung von Widersprüchen in der westdeutschen Parteiendemokratie. Für die Fernsehkomödie ‚Vielgeliebtes Sternchen‘, die von der DEFA 1961 im Auftrag des DFF gedreht wurde, fand sein Konterfei gar Verwendung auf dem Filmprogramm. Hierbei handelt es sich um die Fortsetzung des Films „Papas neue Freundin“ aus dem Jahr 1960. Malrés Sohn Boris übrigens gehört aktuell dem Schauspiel-Ensemble des Anhaltinischen Theaters Dessau an.“
In der Hoepnerstraße 23 steht ein hübsches Haus im Grünen, in der 22 sahen wir nur eine Garage, möglicherweise liegt Malrés Haus dahinter versteckt. In der angrenzenden Breitenfelder Straße bemerkten wir zwei Ritterköpfe, solche waren uns bis jetzt in Leipzig nicht aufgefallen (vielleicht hieß der Bauherr ja Ritter), außerdem ein Drache – von dieser Sorte Fabelwesen kennen wir mindestens noch eins in Reudnitz und evtl. ein weiteres in Lindenau.
Eine Fortuna gibt es am Kino der Jugend in der Eisenbahnstraße und ebenfalls in der Hoepnerstraße oder wenigstens eine junge Frau mit Füllhorn. Herzlichen Dank an Jens für den Artikel, das historische Bildmaterial und den Grund, den er uns gegeben hat, durch jenes Stück Gohlis zu spazieren.
siehe auch unseren bzw. Jens‘ Beitrag „Schreibers verschwundener Film“ (August 2020)