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Taler und Gulden in Leipzig um 1780

Taler und Gulden in Leipzig

(F.H.) Viele Leipzig-Interessierte kennen den 1990er Reprint des ursprünglich 1781 erschienenen Buches „Promenaden bey Leipzig“. Die gereimten Spaziergangsschilderungen darin umfassen auch einen Ausflug von Gosefreunden, vom Hallischen Tor nach Eutritzsch in die dasige Gosenschenke – und zurück. Die Schluckspechte wollen dazu eine Kutsche mieten und verhandeln mit Kunze, dem Kutscher, über den Preis – feste Taxigebühren wurden erst Jahrzehnte später üblich.

Hier der Verhandlungsdialog, Kunze: „Jedoch was geben Sie, das möchte ich vorher wissen?“ „So, Kunzen, willst gar mit uns wie Contract schliessen? Nun, sage einmal, was du dafür begehrst, wenn du uns naus und rein mit deiner Chaise fährst?“ „Ein Thaler, meine Herren, das ist noch fast zu wenig, Es gab mir’s gestern auch, ihr werther Freund, Herr Penig.“ „Ein Gulden geben wir, und Trinkgeld …“.

Kunze willigt ein. Aber hallo, liefen denn im Talerland Sachsen auch Gulden um, wie etwa normalerweise in den Guldenländern Bayern oder Österreich, oder wie in der DDR, wo neben der Ostmark auch noch die Westmark kursierte?

Ohne hier auf verzwickte und nur aus der Münzgeschichte erklärliche Details einzugehen: Ein Taler galt 24 Groschen und war eine gute Silbermünze. Auch der Gulden war eine Silbermünze und galt nach der sogenannten Münzkonvention von 1763, die mit der Währungsverwahrlosung der Preußenkönigs Friedrich II. Schluss machte und wieder gutes Geld ausprägte, gerade zwei Drittel eines Talers. Diese Zwei-Drittel-Taler wurden auch in Sachsen ausgeprägt und hießen eher inoffiziell Gulden, mit Gulden als bloßer Rechengröße. Kurz: Unsere obigen Gosefreunde boten Kunze einen Zwei-Drittel-Taler oder 18 Groschen oder 36 Halbgroschen oder sonst eine Kombination, nun aber mit Trinkgeld, evtl. zwei weiteren Groschen.

Bei Internet-Münzhändlern kann man sich sächsische Zwei-Drittel-Taler ansehen, u.a. einen von 1766. Die Umschrift auf der Münzrückseite gibt Auskunft über den Silbergehalt: XX bzw. 20 solcher Münzen wurden aus einer „Marck“ ausgeprägt, also aus einer Silbermenge von circa 234 Gramm. Damit enthielt jener Gulden eben 11,7 Gramm Reinsilber, dazu noch ein paar Gramm Kupfer, was damals aber als Münzmetallbeimischung für wertlos galt.

Die Kaufkraft eines ganzen Talers bzw. eines Zwei-Drittel-Talers bzw. Guldens zu heute kann man ungefähr danach bemessen, was derzeit eine Taxifahrt von der äußeren Innenstadt nach Eutritzsch und zurück samt mehrstündiger Wartezeit vor der Kneipe kosten würde.

Was den bloßen Metallwert obiger Münze angeht – der ist ziemlich gering, 11,7 Gramm Silber bei angenommener Reinheit von 925 kosten etwa 3,37 Euro. Damit würde sich kein Taxifahrer begnügen. Der Sammlerwert der Münze ist freilich ganz wesentlich höher. Gut erhaltene Zwei-Drittel-Taler können auf Auktionen schon 250 Euro oder mehr – je nach Seltenheit – bringen.

Nebenbei: Heutige Euro-Sondermünzen in 999er Silber sind bzgl. ihres aufgeprägten Nominalwertes (von etwa 20 Euro) extrem überteuert und als Wertanlage denkbar ungeeignet. Käufer hoffen auf die Steigerung des Sammlerwertes. Da wäre Kunzes Gulden, sofern er ihn vererbte, schon lohnender.

Für diesen Beitrag danken wir herzlich Dr. Frank Hille* und kramten in unseren Schränken nach Münzen und dem alten Foto des Fachgeschäfts in der Nikolaistraße. 1986 war das ein Pelzladen mit der seinerzeit erstaunlichen Zusatzinformation „Paris … New York“ (letzteres leider im Schatten, aber dafür auf dem heutigen Bild zu lesen).

* siehe auch unsere Beiträge „Vom wohl ältesten Leipziger Stammtisch der Jetztzeit I-III“ (Februar und März 2023)