In Reuschels gemütlichen Lindenauer Weineck waren letzten Freitag die Prinzessin und der Prinz zu Salm-Salm zu Gast. Beide bewirtschaften das älteste Familienweingut Deutschlands und hatten eine Auswahl ihrer Getränke mitgebracht, u.a. ein „Großes Gewächs“ (französisch Grand Cru). Circa 40 Neugierige saßen an langen Tischen mit Häppchenplatten, begierig darauf, ihren „Schluckreflexauslöser“ zu spüren – man möchte ein zweites bzw. nächstes Glas vom gerade Gekosteten.
Wirt Stephan Weiß stellte in unterhaltsamen Worten seine sympathischen Besucher vor, Victoria und Felix zu Salm-Salm, die wiederum ohne Umschweife einzuschenken und zu erzählen begannen, von der Beziehung der Salms zum Lachs, dem beglückenden Weinbau in Wallhausen und Bingen und dem von ihrer Familie in den 1990er Jahren übernommenen Weingut Villa Sachsen in Kempten am Rhein, welches einst einem Leipziger Kaufmann gehörte*.
In die Gläser flossen wohlschmeckende Sekte und Weine mit wohlkingenden Namen – Wildgraf, Principessa, Grünschiefer oder Felseneck. Das „Große Gewächs“ war ein Kirchberg-Riesling von 2015 – beeindruckend. Stephan Weiß, der fröhlich miterzählte, -bediente und -verkostete, wechselte im Laufe des Abends übrigens seine Position, statt des Grünschiefers wie bisher sei nun der Rotschiefer (Sommerlocher Steinrossel) sein Favorit. Gut, dass wir uns nicht festlegen mussten.
Dem deutschen Weinbau bekomme der Klimawandel gut, sagte Felix der freundliche Prinz, was aber nicht heiße, dass ihm der Kohlendioxid-Ausstoß seines Betriebes egal wäre, im Gegenteil, den versuchten seine Frau und er stetig zu reduzieren, getreu ihrer Devise: „Natur bewirtschaften, aber auch bewahren“. Passend dazu lassen die Salm-Salms Bibelsprüche auf ihre Etiketten drucken, z.B. diesen „Euch lade ich ein. Kommt, esst euch satt und trinkt meinen guten Wein!“ oder jenen „Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, damit er ihn bebaue und bewahre.“
siehe auch unseren Beitrag „Bei Reuschels“ (Januar 2013)
* Nachtrag 1: Die Villa Sachsen und der Leipziger Kaufmann ließen uns aus lokalpatriotischen Gründen keine Ruhe. Also fragten wir beim Prinzen zu Salm-Salm nach einem Foto und Material zur Geschichte und bekamen beides sehr schnell – herzlichen Dank! Nun können wir aufklären: „Am 19. August 1842 reichte der Gutsbesitzer Edmund Carl von Bühlow zu Hohenstein sein Baugesuch beim Großherzoglich Hessischen Kreisrat in Bingen ein. Sein Ziel war die Errichtung einer herrschaftlichen Villa, direkt am Rhein. Nur ein Jahr später, 1843, war das Gebäude“ als Villa Landy errichtet. „Nichts deutete zu dieser Zeit auf ein Weingut hin“, obgleich es am Fuße der Rochuskapelle inmitten von Weinbergen gelegen war.
„Ihren heutigen Namen bekam die Villa Sachsen 1898 vom damaligen Besitzer Ernst Mey, einem Fabrikanten aus Leipzig.“ Das wird wohl der Papierkragen-Mey (1844-1903) gewesen sein, welcher das bis heute bestehende Unternehmen Mey & Edlich 1867 in Paris gegründet und zwei Jahre darauf nach Plagwitz umgesiedelt hatte. Meys Schwiegersohn und Nachfolger Curt Berger (1869-1948) baute das ferne Anwesen in den 1920er Jahren „zu einem großen und prosperierenden Weingut“ aus. Es „galt als größtes linksrheinisches Weingut in Privatbesitz“. Nach Verkauf in den 1960er Jahren wurden Villa und Gut zeitweise St. Ursula genannt.
1994 schließlich kamen die Weinberge zu denen des Prinzen Salm, das Gebäude allerdings nie, es gehört einer buddhistischen Gemeinschaft und wird auch von dieser bewirtschaftet. Das Salmsche Weingut war allerdings einige Jahr als Mieter bzw. Pächter im Keller der Villa tätig gewesen.
Nachtrag 2: Felix zu Salm-Salm schrieb außerdem über den 12. Juli 2024: „… der Abend war herrlich und wird uns lange in Erinnerung bleiben.“ Wir freuen uns schon auf die nächste Weinprobe in Lindenau bei Plagwitz!