Fotomotive Schöne Plätze

Durch die Chopinstraße

Durch die Chopinstraße

Läuft man durch die Chopinstraße (vormals Marienstraße) und deren nähere Umgebung, begegnet man dem biblischen König Salomo(n), einem Engel und einem aufständischen Professor. Der König samt seiner Königin, die einen zu modern wirkenden Hut trägt, residiert an der Ecke von Salomon- und Chopinstraße über vier historisierenden Fenstern eines weißen Palastes, den man Palazzo nennen könnte. Der Engel lächelt vom Haus Chopinstraße 11a und wurde vor 120 Jahren vom Architekten Wünschmann dort angebracht, und der rebellische Professor der Leipziger Universität und spätere Nobelpreisträger für Literatur hieß Theodor Mommsen (1817-1903).

Den Preis bekam er 1902 für seine „Römische Geschichte“. Mommsen wohnte von 1848 bis 1851 in einer klassizistischen Villa in der Marienstraße. 1849 beteiligte sich der liberale Wissenschaftler am sächsischen Maiaufstand, „einem Protest gegen die Unterdrückung der Einheits- und Freiheitsbestrebungen in Deutschland“, dafür wurde er zu neun Monaten Gefängnis verurteilt, in zweiter Instanz zwar freigesprochen, aber dennoch aus seinem Amt entlassen“ (Quelle: Gesellschaft für schleswig-holsteinische Geschichte – Mommsen stammte aus dem hohen Norden). Seinen Freunden und Professorenkollegen Moriz Haupt (1808-1874) und Otto Jahn (1813-1869) erging es ähnlich. Der Archäologe Jahn, ein Mitbegründer der alten Leipziger Bach-Gesellschaft, hatte Mommsen in unsere Stadt geholt, siehe den Otto-Jahn-Eintrag bei Wikipedia.

In Mommsens früherem Wohnhaus betreibt das St. Georg heute eine Suchtberatungs- und -behandlungsstelle („Alternative I“), d.h., das Gebäude wird öffentlich genutzt.

An der Milchinsel biegt die Hans-Poeche-Straße (früher Mittelstraße) von der Chopinstraße ab und beherbergt u.a. die Bäckerei Göbecke sowie ein Gebäude, über dessen Eingangstür das Kürzel TH zu sehen ist. Wofür steht das? Wir dachten sofort an Thomas Theodor Heine, aber da fehlt ja ein T. Unser langjähriger Mitstreiter Andreas wusste es genau, TH bzw. HT steht für Hugo Thieme.

„Der hatte 1932 das Haus Mittelstraße 6 vom Schlossermeister Carl Corte erworben und daraufhin wohl seine Initialen über dem Eingang der Nachwelt hinterlassen. Thieme betrieb zwei Häuser weiter im Eckgebäude Mittelstraße 10 an der Tauchaer Straße (heute Rosa-Luxemburg-Straße) ein Kolonialwarengeschäft sowie eine 1897 gegründete Kaffeerösterei. In der Nummer 6 befanden sich übrigens im Erdgeschoss rechts die ersten Redaktionsräume der LVZ. Die Manuskripte wurden dann über die Straße in das Hinterhaus der Nummer 7 in die Setzerei der neuerrichteten Buchdruckerei und Verlagsanstalt der Leipziger Volkszeitung Gustav Heinisch getragen. Die befand sich in der ersten und zweiten Etage, gedruckt wurde parterre im linken Seitengebäude. Die erste Probenummer erschien am 29. September 1894. Der Betrieb wurde 1899 in die Tauchaer Straße 19-21 verlegt.“ Herzlichen Dank, Andreas!

Und Thomas Theodor Heine? Wurde 1867 in der Gustav-Adolf-Straße geboren. Auch da gibt es wie im Falle Mommsen eine Gedenktafel am Haus.

siehe auch unseren Beitrag „Im Leipziger Osten IV“ (Juni 2020)