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Der berühmte Gullydeckel

Der berühmte Gullydeckel

Luise und Thomas erzählten uns von einem Leipziger Fußballplatz mit einem Gullydeckel im Strafraum. Verrückte Sache, jedoch im Netz nicht unbekannt. Der SV West 03 selbst verweist auf die Besonderheit und bringt diesen Slogan auf seiner Seite: Leidenschaft, Emotionen – und ein Gullydeckel! Doch wo genau befindet sich das Ding? In der Friesenstraße, zwischen Charlottenhof und Hans-Driesch-Straße. Wir waren dort, um den Deckel mit eigenen Augen zu sehen.

Der Gully ist mittlerweile nicht mehr in Betrieb, ein gummiähnlicher Belag, wahrscheinlich ein Stück Tartanbahn, liegt darauf. Es dürfte also doch nicht so schmerzen, wie in unserer Vorstellung, in der wir ungeschütze Sportlerknie auf Gusseisen krachen sahen. Thomas hat bis vor wenigen Jahren bei West 03 gespielt und kennt das ungewöhnliche Objekt aus seiner aktiven Zeit noch ohne Schutzmatte. Zum Glück musste er nie direkte Bekanntschaft mit ihm schließen …

Nachtrag: Heike vom SV West 03 informierte uns darüber, dass der Deckel vor circa 20 Jahren mit einer Tartanmatte abgepolstert wurde und bereits in den Achtzigern Thema der Fernsehsendung „Außenseiter Spitzenreiter“ war („… der einzige Sportplatz mit einem Gullydeckel in der DDR“).

www.svwest03.de

Ergänzung (unseres Mitstreiters Andreas): Der Kanaldeckel auf dem Sportplatz hat natürlich einen Hintergrund, es war oder ist vermutlich eine Revisionsöffnung für den Lindenauer Hauptsammler, der das Schmutzwasser dieses Stadtteils zur Kläranlage Rosental leitet. Auf einer Karte von 1937 ist der heutige, ungefähre Standort des Sportplatzes samt Deckel skizziert. Dort wird erkennbar, dass unmittelbar hinter dem Sportplatz ein kurzer Abzweig in die Kleine Luppe mündet. Diese mit „R“ bezeichnete Öffnung ist ein Regenauslass. Dieser war notwendig, da in Leipzig ein Mischsystem zur Schmutzwasserentwässerung angelegt wurde. Bei Starkregen oder Unwettern wird ein Teil des dann sehr verdünnten, aber plötzlich in großen Mengen auftretenden Abwassers an einigen Stellen der Stadt in naheliegende Fließgewässer geleitet, um die für solche Dimensionen nicht konzipierten Kläranlagen zu entlasten.

Auf der Karte ist oben links noch ein weiterer Regenauslass zu erkennen. Nördlich der Rietschelstraße im Bereich Hempelstraße wird anfallendes Regenwasser dann über den Bauerngraben via dem Waldstück Gottge übers Hasenholz Richtung Alte Luppe oder durch die Burgaue in die Neue Luppe geleitet. Die auf dem Plan ankommenden Leitungen sind übrigens alle aus Lindenau, die „noblen“ Leutzscher waren nicht angebunden und hatten ihr eigenes Netz samt Kläranlage. Das hängt aber sicher mit der städtebaulichen Entwicklung zusammen, Leutzsch wurde ja erst am 1. Januar 1922 nach Leipzig eingemeindet.