1986 erschien im Fachbuchverlag Leipzig der Band „Technikmotive auf alten Ansichtskarten“ von Horst und Frank Hille. Die Beiden waren Vater und Sohn, traurigerweise ist 2024 auch der Sohn, Frank Hille, verstorben. Wir hatten Bierdeckel und Beiträge* von ihm bekommen und etliche Male mit seinem Kumpel Peter Simon und ihm in der Pleißenburg, bei Naumanns oder im Olea gesessen, um uns angeregt über Leipziger Stadtgeschichte zu unterhalten. Unlängst brachte Peter das besagte Buch mit – als Erinnerung an Frank.
Hille und Hille sind Sammler gewesen, die mit anderen ihrer Art in Verbindung standen und über ihre Stücke sehr gut bescheid wussten. In ihrem Buch finden sich auffällig viele Motive aus Leipzig, u.a. eins vom Kongreß der Liebhaber von Ansichtskarten (= Philokartisten), welcher 1910 in unserer Stadt abgehalten wurde. 1986 hätten wir den ebenfalls abgedruckten Ansichten aus Frankreich, den USA oder der Schweiz mehr Aufmerksamkeit geschenkt, heute freuen wir uns über jede alte Karte, die etwas Einheimisches zeigt.
Und so sehen wir in Franks Buch neben dem Scherbelberg mit scherzhaftem Schienenverkehr und dem Völkerschlachtdenkmal im Bau u.a. Innen- und Außenansichten des Werkes von Karl Krause** („Maschinen für die gesammte Papierindustrie“) in Anger-Crottendorf oder die Mockauer Presshefe- und Branntweinfabrik Union***, desweiteren die Leipziger Pferdebahn aus Max Nierths circa 500 Karten umfassenden Serie „Das alte Leipzig“ sowie einen Kraftomnibus vor dem Hauptbahnhof.
Auf einem „Gruss von der Motorwagen-Ausstellung“ in Leipzig 1901 ist das aus Magdeburg-Neustadt stammende Fahrzeug Max B abgebildet und erinnert eher an eine pferdelose Kutsche als an ein Automobil im heutigen Sinne, weitere Fortbewegungsmittel auf Ansichtskarten sind ein Fesselballon während der Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbeausstellung 1897 bei uns in der Stadt und der hiesige Luftschiffhafen nebst dem Zeppelin „Sachsen“ im Jahr 1913.
Zum 1906 aufgenommenen Blick ins Leipziger Fernsprechamt schrieben Hille und Hille: „Rechts erkennt man die großen Klinkenfelder des Ortsamtes, in der Mitte stehen die Fernverbindungsschränke.“ Außerdem sitzen eine Menge Fräuleins bereit, um die Teilnehmer miteinander zu verbinden. Und unter einer Ansicht des Reichsgerichts (heute Bundesverwaltungsgericht) mit der offenen Pleiße davor erfahren wir: „Bis in die 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts**** war etwa an dieser Stelle noch Trinkwasser für die Stadt entnommen worden.“
Solltet Ihr das Buch besitzen oder irgendwoher bekommen können, dann freut Euch sehr, es dürfte selten sein. Wir bilden hier den Titel ab und zusätzlich einige Karten aus unserer eigenen sowie aus Steffis und aus Holgers Sammlung. Herzlichen Dank an die eben Genannten, an Peter und selbstverständlich an Frank!
* siehe z.B. Franks Beiträge „Zwölf alte Leipziger Lokale“ (August 2024) sowie „Taler und Gulden in Leipzig um 1780“ (Juni 2024) auf unserer Seite
** siehe unseren Beitrag „Bei Krause im Wald“ (Mai 2017)
*** siehe unseren Beitrag „Hefe, Mörtel, Wurst und Pizza“ (September 2020)
**** gemeint sind also die 1860er Jahre