Ingolf Sonntag und Burkhard Henkel sammeln ähnlich wie wir Informationen über Leipzig, sie sind akribisch, kommen gut an alte Unterlagen heran und teilen ihr Wissen in Form von Büchern bzw. Bildbänden, welche sie im Eigenverlag erscheinen lassen. Dank unseres spürnasigen Mitstreiters Julius, der seit Jahren die erstaunlichsten Sachen entdeckt, können wir derzeit in vier Sonntag-Henkel-Büchern blättern. Am meisten angetan hat es uns der 2018 herausgekommene Titel „Das ehemalige Krankenhaus in Dösen“. Sonntag und Henkel sehen ihn als Dokumentation, die zum Erhalt der Anlage beitragen soll, und stellen zunächst den Ort Dösen vor.
Die Autoren bringen uns den alten Ortskern nahe mit Stiftsgut, Dreiseitenhof und der ehemaligen Ausflugsgaststätte Teichschlößchen, die heute ein Autohaus bzw. eine Autowerkstatt ist. Sie bilden zahlreiche historische Dokumente ab, wie Gewerbeanmeldungen, gemeinschaftliche Bitten um Stromanschluss für Dösen und die Antwortschreiben der Stadt, und sie verweisen darauf, dass 1992 Teile von Dösen, u.a. das Parkkrankenhaus, Meusdorf zugeschlagen wurden.
Die Heilanstalt Dösen wurde am 1. Oktober 1901 in Betrieb genommen, zum Krankenhaus gehörten u.a. eine Gärtnerei mit Gewächshäusern, Schweineställe, Felder, ein Eisbunker sowie ein Kessel- und Maschinenhaus. Sonntag und Henkel zeigen alte Pläne, Bauzeichnungen und Ansichten neben neuen Fotos von 2018. Sie ordnen die vielen verschiedenen Gebäude zu, benennen z.B. das Saalgebäude A 9 (ehemalige Kirche, Gottesdienstraum, Speisesaal) oder die Kegelbahn A 21 („Gut Holz“), die Wäscherei B 20, die Küche B 21 und den Kartoffel- und Gemüsekeller B 22 sowie unter C 2 das Haus für „wildgewordene Mädchen“.
Wir lesen weiterhin von mehreren Beamtenwohnhäusern, dem Kohlenbunker sowie dem Park am Parkkrankenhaus. Dank der im Buch abgebildeten Pläne finden wir den fast völlig verschilften Parkteich und erahnen die Schönheit der ursprünglichen Anlage. Ebenso wird uns beim Besuch vor Ort gewahr, dass mittlerweile einige der in Schuss gebrachten alten Villen bewohnt sind. Die neu dazwischengesetzten Villen passen sich gut ins Ensemble unter großen Bäumen ein.
Manche Abschnitte der Parkstadt sind fast fertig, andere für neugierige Besucher noch gesperrt. Und in der Nähe des früheren Empfangs- und Verwaltungsgebäudes an der Chemnitzer Straße gibt es inzwischen einen Lidl-Supermarkt, in dessen Eingangsbereich wir uns Milchkaffee mit Vanillegeschmack für einen Euro pro Becher zapfen …
Zurück zur von Sonntag und Henkel vorbildlich dokumentierten Geschichte: 1999 wurde das zu der Zeit Städtische Krankenhaus Dösen privatisiert, in den Jahren darauf verlagerten die neuen Eigentümer die medizinischen Aktivitäten nach Probstheida und verkauften das parkartige Gelände an einen Arnstädter Immobilienhändler. Der veräußerte es 2015 weiter an das Leipziger Unternehmen GRK.
Die oben erwähnte Wäscherei fungierte zwischenzeitlich als Filmstudio für die Fernsehserie „Tierärztin Dr. Mertens“. Auch dazu gibt es Fotos auf den knapp 250 Seiten, die die beiden Leipziger vom Jahrgang 1947 bzw. 1949 so lobenswert mit Wissen und Wissenswertem gefüllt haben. In ihren weiteren uns vorliegenden Bücher beschäftigen sie sich mit der Leipziger Vereinsbrauerei (2014), mit dem Augustusplatz (2017, laut Impressum Ausfertigung in sechs Exemplaren) sowie der Connewitz-Plagwitzer Verbindungsbahn (2013). Ihr bekommt die Bände in den Bibliotheken der Stadt Leipzig. Wir danken Julius sowie den „Buchmachern“ Ingolf Sonntag und Burkhard Henkel herzlich!
siehe auch unsere Beiträge „Bezirkskrankenhaus / Parkstadt Dösen“ (Juni 2020), „Von Plag- nach Connewitz“ (Februar 2013) und „Ein Park mit Vergangenheit“ (September 2014)