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Aus Kisten und Kartons II

Aus Kisten und Kartons Teil 2

Am Anker befand sich bis in die Neunziger Jahre hinein eine Plakette für den Grenzsoldaten Jürgen Lange, nach dem das Konzert- und Kulturhaus in Möckern zu DDR-Zeiten benannt gewesen ist. Wir fotografierten die Tafel damals in der Gewissheit, dass sie bald von der Wand genommen wird. Und so geschah es auch – anders verhielt es sich mit der Erinnerung an den Hochverratsprozess von 1872 gegen August Bebel und Wilhelm Liebknecht an der Ecke von Peterssteinweg und Straße des 17. Juni. Auch dort vermuteten wir kurz nach der Wende, dass dieses Teil verschwindet, jedoch es hängt bis heute.

Sprung ins Bachviertel, in die Gustav-Mahler-Straße: Das kleinere Gebäude auf unserem Bild ist kaum wiederzuerkennen, so sah es mal aus, mittlerweile wirkt es fast wie ein Neubau – wahrscheinlich durch den Dachaufbau. Am Haus rechts daneben, auf welches die Ferdinand-Lassalle-Straße zuläuft, befindet sich übrigens ein wunderbarer Merkurkopf über der Eingangstür (Merkurdarstellungen findet man in der alten Handelsstadt Leipzig massenhaft; Merkur = Gott des Handels).

Der Regionalrabe aus dem Cottaweg war, wenn wir uns nicht irren, das Maskottchen des Regionalverkehrs Leipzig, ein Betrieb, so nehmen wir an, der die Busse und Straßenbahnen im ehemaligen Kreis Leipzig-Land koordinierte. Jener Vogel ist fast vollständig aus dem öffentlichen Gedächtnis verschwunden wie auch das Reudnitzer Bockbier Leipziger Rabe.

In der Jugendstilgaststätte Grüne Eiche wurde laut unserem Foto zu Beginn der 1990er Jahre Einbecker Bier ausgeschenkt. Heute gehört das von Paul Möbius entworfene Gebäude wie das einstige Haus der Volkskunst am Lindenauer Markt zum Theater der Jungen Welt.

Bleiben wir in Lindenau und schauen in die Endersstraße von vor circa 30 Jahren. Die Vulkan Gummiwarenfabrik Weiss & Baessler AG existierte da zwar schon lange nicht mehr, von ihr lesen konnte man allerdings noch recht deutlich. Der Lindenauer Stadtteilverein nennt auf seiner interessanten Internetseite die Kaiserstraße 26-32 als Adresse, die spätere Endersstraße. Laut den Angaben dort gehörte die Fabrik zu DDR-Zeiten zum VEB Elguwa und stellte u.a. Fenstergummis für die PKW-Marken Trabant und Wartburg her. Dem Wolfenbütteler Wertpapierantiquariat Benecke & Rehse zufolge wurde das Unternehmen 1896 gegründet und verlagerte 1959 seinen „Firmenmantel“ (seinen geschäftlichen Namen, wie wir das verstehen) nach Köln. Das Staatsarchiv Leipzig wiederum verfügt über Weiss-&-Baessler-Unterlagen von 1885 bis 1950.

* Wir haben in unseren Unterlagen ein Foto von 2014 und erst beim Schreiben dieser Zeilen eine Selbsttäuschung erkannt. Im Beitrag „Alte Bilder XII“ (Juni 2022) nämlich odneten wir das Gebäude der Gummiwarenfabrik fälschlicherweise der Werschen-Weißenfelser Braunkohlen-AG zu, was wir hiermit berichtigen.

Wer noch nicht genug von alten Leipzig-Fotos hat, folgt diesem Link: www.nolofoto.de/leipzigerliebe